Am 9. und 10. Mai sind Aktionen und Veranstaltungen gegen die Abschiebeanhörungen in Berlin
Die florierende Abschiebepolitik des europäischen Grenzregimes wird zum Hauptinstrument Deutschlands bei seinem Krieg gegen Migration und sein intensives Streben nach Dominanz und der Ausbeutung, Verfolgung und Ausgrenzung derer, die äußerlich nicht als typisch europäisch erscheinen.
Frontex mit seiner intensiven und brutalen Abschiebepraxis gewinnt immer mehr an Einfluss und Macht. Gleichzeitig erweckt diese europäische Behörde den Anspruch, mit den Regierungen der Herkunftsländer, aus denen die Flüchtlinge kommen, zu kooperieren. Diese Kollaboration ist dadurch ein Mittel, um die Ausgrenzung und Selektionspolitik weit nach jenseits der europäischen Grenzen auszuweiten und zu manifestieren.
In der Zwischenzeit gedeiht die massive Ausbeutung der Herkunftsländer der Flüchtlinge, aber den Opfern dieser Ausbeutung (also den Flüchtlingen) wird das Recht auf Asyl unrechtmäßig verwehrt. Sie sind rassistischer Verfolgung ausgesetzt und werden mit den unterschiedlichen Formen der deutsch-europäischen, institutionellen Isolations- und Ausgrenzungspraxis konfrontiert.
Die Opfer des Asylsystems: die Flüchtlinge, denen das Asyl unrechtmäßig verweigert wurde, werden gezwungen, vor Botschaftsvertretern der Herkunftsländer in sogenannten Abschiebeanhörungen in unterschiedlichen deutschen Städten zu erscheinen. In diesen Abschiebeanhörungen, die in Gestapo-Manier organisiert werden, werden die Flüchtlinge Delegationen der Herkunftsländer vorgestellt. Bei diesen Anhörungen soll das jeweilige Herkunftsland der Flüchtlinge auf Grundlage der Sprache, des Akzents oder spezifischer Wörter festgestellt werden. Ab und an werden Flüchtlinge auch anhand von äußerlichen, allgemeinen Merkmalen wie Gesichtsform, traditioneller Narben oder anderen Merkmalen klassifiziert.
Bei diesen Anhörungen sind die Flüchtlinge der Drohung ausgesetzt, Vertretern des Regimes gegenüber zu stehen, vor dem sie geflohen sind. Zudem sind diese Identifizierungen rein kolonialer Art: die Delegationen übernehmen die Daten, die ihnen die deutsche Polizei oder Abschiebeautoritäten zur Verfügung stellen. Probleme mit Doppelnamen, falsche Übertragung des Namens in lateinische Schrift oder der deutschen Sprache sowie falsche Übertragung des Geburtsdatums werden nicht berücksichtigt.
Opfer solcher Abschiebeanhörungen werden Flüchtlinge, deren Anträge abgelehnt worden sind oder die aufgrund ihres Widerstandes gegen die deutschen Isolationslager rassistischer Verfolgung unterworfen sind oder die zivilen Ungehorsam ausgeübt und das Apartheidgesetz der Residenzpflicht verletzt haben. Migrantinnen und Migranten werden aufgrund rassistischer Kriterien und Praktiken der Behörden von ihren Partnern, Kindern, Familienmitgliedern und Freunden getrennt.
Flüchtlingsaktivistinnnen und -aktivisten und antirassistische Gruppen kämpfen seit jeher gegen solche Abschiebeanhörungen. Sie ermutigen Flüchtlinge, diese Anhörungen zu boykottieren, um für alternative Lösungen Zeit zu gewinnen. Es ist allen dabei klar, dass die Autoritäten massiven Druck auf diejenigen ausüben, die sich der Anhörung entziehen.
Die nigerianische Botschaft arbeitet aktiv und eng mit den hiesigen Abschiebebehörden und -institutionen zusammen. Die höchste Rate mit Abschiebeflüge von Europa nach Afrika hat Nigeria als Ziel. Zu den Abschiebeanhörungen mit Botschaftsvertretern aus Nigeria wurden in den letzten drei Jahren die meisten Flüchtlinge eingeladen [1]. Es ist auch allgemein bekannt, dass die europäischen Behörden (speziell die deutschen) die Delegationen oder Botschaftsvertretungen bestechen, damit diese Ausreisepapiere für die Abschiebung ausstellen [2, 3] und somit den Missbrauch und die massiven Repressionen gegen die Deportierten legitimieren.
Kritisch gesehen sind Botschaftsanhörungen wegen den folgenden Punkten ein Ausdruck rassistischer Verfolgung und Eliminierung:
1.) Rassistische Klassifizierung anhand sogenannter Rassenmerkmale wie Gesichtsform, Narben, des Akzents oder der Sprache sind in der Tradition der deutschen Nationalsozialisten, die physiognomische Merkmale benutzten, um Arier, Slawen oder Juden zu unterscheiden.
2) Es existiert immer noch ein koloniales Bild von der sogenannten „Dritten Welt“ als kulturell weniger entwickelt. Als logische Schlussfolgerung werden Migrantinnen und Migranten daher auch von der Gesellschaft als kulturell weniger entwickelt betrachtet. Europa hebt sich aus dieser kolonialen Sicht dagegen als fortschrittlich und entwickelt gegen die „Dritte Welt“ speziell gegenüber Afrika ab, welches als rückständig und von Stämmen kontrolliert dargestellt wird.
Deportation sind rassistische Vertreibung und Eliminierung. Das Ziel der Abschiebeanhörung ist nicht die Identifizierung, sondern die Anzahl der Abzuschiebenden zu erhöhen. Die Selektion der Menschen erfolgt sowohl auf Verwertungskriterien, wer ist es wert, hier zu leben und wer nicht, als auch auf der Grundlage rassistischer Konzepte.
Trotz der vergangenen Proteste und Aktionen bei Abschiebeanhörungen und durch die Medien öffentlich gewordenen Skandale werden die Botschaftsabschiebeanhörungen, speziell durch die nigerianische Botschaft, fortgeführt und ihr korrupter Charakter legitimiert.
Für den 9. und 11. Mai sind Aktionen und Veranstaltungen gegen die Abschiebeanhörungen in Berlin geplant. Im Zentrum dieser Aktionen stehen sowohl die nigerianische Botschaft als auch die beteiligten deutschen Institutionen. Bereits im Vorfeld wurden mehrere Vorbereitungstreffen organisiert. Neben Flüchtlingen aus Nigeria sind auch Flüchtlinge aus Guinea-Conakry, Benin, Sierra Leone, Sudan und Kamerun, aber auch aus Afghanistan an der Vorbereitung beteiligt. Dementsprechend wird sich die Aktion auch gegen die Praxis der Botschaftsdelegationen aus anderen Ländern richten.
Eure aktive Beteiligung und Unterstützung bereits im Vorbereitungsprozess ist erwünscht. Für Rückfragen oder weitere Informationen kontaktiert bitte:
Rex Osa
The Voice Refugee Forum
Email: thevoice_bdw@yahoo.de
Tel.: 0176/27873832
DEMO GEGEN ABSCHIEBUNGEN NACH GUINEA UND ANDEREN AFRIKANISCHEN LÄNDERN
[1] Pressemitteilung vom 16.12.2011, Bundesländer zahlen für die Passbeschaffung Phantasiepreise:
http://www.ulla-jelpke.de/news_detail.php?newsid=2105
[2] Pass-Tricks - Bremer Praxis illegal´, taz, 11.1.2010, http://www.taz.de/!46613/
[3] GUINEA - Ausreisepapiere gekauft, taz, 24.07.2009, http://www.taz.de/!38070/
Meetings: Break Isolation - Refugee Summer Camp in 2012 https://thevoiceforum.org/node/2476
Treffen in Wuppertal, 31.03 und Jena, 14/15.04.2012
Nationwide Meeting of the CARAVAN for the rights of refugees and migrants
https://thevoiceforum.org/node/2477