Erfolgreicher Protest in Nürnberg und Solidaritätsbesuch bei den hungerstreikenden Flüchtlingen im Protestzelt in Aub
Nach dem Protest am 26. Juli 2012 vor dem Bundesamt in Nürnberg erfolgte fünf Tage später endlich der positive Entscheid im Verfahren Ali Safianou Touré gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Zehn Jahre wurden Ali Safianou Touré seine Rechte verweigert. Ungeachtet dessen kämpfte er all die Jahre im Netzwerk der KARAWANE für die Verteidigung der Menschenrechte in Deutschland. Er war aktiv in der NoLager Mobilisierung und maßgeblich in der „Kampagne gegen die Diktatur in Togo“. Im letzen Jahr griff die „Bühne für Menschenrechte“ im Theaterstück „Asylmonologe“ seine Geschichte auf. Im Jahr 2010 schrieb die KARAWANE „Acht Jahre sind keine acht Tage“ und begann die öffentliche Mobilisierung zur Verteidigung des Aktivisten der Hamburger Ortsgruppe. Weitere zwei Jahre vergingen, bis nach den negativen Entscheidungen des Landkreis Parchim und des Verwaltungsgericht Schwerin beim Bundesamt in Nürnberg die Botschaft ankam: „ Ihr könnt den humanitären Aufenthaltsgrund ablehnen und ihr werdet mit einem neuen politischen Asylantrag konfrontiert sein. Ihr könnt die Durchsetzung des Aufenthaltsrechts nicht verhindern, ihr könnt nur durch fortgesetzte Verweigerung das Leben und die Gesundheit Herrn Ali’s weiter ruinieren. Aber ihr werdet am Ende einsehen, dass ihr die Abschiebung nie durchführen könnt.“
http://thecaravan.org/node/3306
Fast 50 Menschen versammelten sich am 26. Juli vor dem Bundesamt, um diese Botschaft zu übermitteln. Im Rahmen der Kundgebung für unseren Aktivisten wurde in verschiedenen Beiträgen der Kampf der Flüchtlinge in Deutschland und die Verantwortung des Bundesamts für die Grausamkeiten der rassistischen Ausgrenzung, der Isolation und der Abschiebung verdeutlicht. Aktivisten der Flüchtlingsorganisation The VOICE Refugee Forum und Aktivisten der „Togo-Kampagne“ sprachen als Zeugen über Verbrechen in ihren Heimatländern – von der Besatzung und der Versklavung, vom Raub der Ressourcen und vom Völkermord, von der bis heute andauernden militärischen, ökonomischen und politischen Intervention. Flüchtlingsaktivisten sprachen auch als Zeugen der rassistischen Verfolgung in Deutschland durch die staatlichen Stellen. Besondere Solidarität galt den kämpfenden Flüchtlingen in den Protestzelten http://thecaravan.org/tent in Aub, Würzburg, Regensburg, Bamberg und Düsseldorf, die ihrerseits die Kampagne für Ali Safinaou Touré aufgriffen. Die drei Stunden des Protest wurden zu einem Tribunal gegen die deutsche Asylpolitik und das Lagersystem und die Rolle des Bundesamts. Zum Ende der Manifestation wurde mit Vertreterinnen des UNHCR über den konkreten Fall unseres Aktivisten als auch über die Situation der Flüchtlinge im Allgemeinen und die Rolle des Bundesamts sowie des UNHCRs gesprochen. Der rechtlich argumentierten Verteidigungslinie des UNHCRs für die Arbeit des Bundesamts standen die brutalen und tödlichen Erfahrungen der Flüchtlingsaktivisten gegenüber. „ Ich habe sehr vielen jungen Flüchtlingen, Männern wie Frauen, geholfen und in den Verfahren begleitet. Ich habe viele psychisch krank werden sehen. Viele sind gestorben. Wir versuchen den traumatisierten Menschen Kraft und Mut zu geben. Aber in den Behörden hören sie immer wieder: wir werden dich abschieben. Viele sind zerbrochen. Es ist eine systematische Zerstörung: die Isolation in den Lagern, die Verbote seine Grundrechte wahrzunehmen und die ständige Bedrohung mit Abschiebung“ ( Sprecher der Togo-Kampagne, Gafar Djibril)
Nach dem Programm in Nürnberg fuhren eine Gruppe Aktivistinnen und Aktivisten von the VOICE Thüringen und der KARAWANE Hamburg weiter nach Aub, um die seit zwei Wochen hungerstreikenden Flüchtlinge des dortigen Protestzelts zu besuchen. Nach einem sehr herzlichen Empfang und einer Führung zum dortigen Lager – einem alten Burggemäuer in dem kleinen, etwa tausend Einwohner zählenden Dorf – erfuhren wir, dass fünf Flüchtlinge im Laufe des Hungerstreiks in ein Krankenhaus gebracht werden mussten. Ein Aktivist, Farid Mirzai, muss aufgrund eines Nierenversagens stationär behandelt werden. http://asylaub.wordpress.com/category/uncategorized/ Weder die zuständige Ausländerbehörde noch Vertreter des Landesamts haben mit den streikenden Flüchtlingen bezüglich der gestellten Forderungen Kontakt aufgenommen. Die Forderungen der Menschen aus Afghanistan, dem Iran und dem Irak sind die Bearbeitung der Asylanträge und Anerkennung der Fluchtgründe, die Abschaffung der Lagerisolation, der Residenzpflicht und der diskriminierenden Sonderbehandlung durch das Asylbewerberleistungsgesetz. Das Protestzelt auf dem Marktplatz – ausgestattet mit Transparenten, Informationsmaterial – beherbergt auch eine kleine Fotoausstellung zur Kriegssituation in Afghanistan. Seit Wochen halten die Flüchtlinge dort aus. Vor dem Hintergrund der Abschiebungen nach Afghanistan haben sie den Hungerstreik begonnen. Die Solidarität aus dem Dorf ist sehr gering, aber die Freunde berichten uns auch von einigen aufrechten und solidairischen Menschen in Aub. Rassistische Beschimpfungen und Bedrohungen hat es mehrmals gegeben.
Bei Einbruch der Dunkelheit haben wir zusammen auf dem Marktplatz den neuen Dokumentarfilm über die Residenzpflicht geschaut. Versuche einzelner Dorfbewohner durch Polizeianrufe unsere Zusammenkunft zu stören liefen ins Leere. Gegen Mitternacht verabschiedeten wir uns von den starken Flüchtlingen in Aub auf ein baldiges Wiedersehen.
Es lebe die internationale Solidarität, unsere Basis und Quelle des Kampfes für Freiheit und Frieden unter Gerechtigkeit.
KARAWANE Hamburg, 01. August 2012
Wir danken allen, die Ali Safinaou Touré und seinen Kampf unterstützt haben, und rufen alle zur Solidarität mit den kämpfenden Flüchtlingen der Protestzelte auf.
KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen - Hamburg
c/o Internationales Zentrum Brigittenstr. 5 20359 Hamburg
Tel: +49-40-43 18 90 37 Fax: +49-40-43 18 90 38 @: free2move nadir.org www.thecaravan.org
Es folgen einige Bildeindrücke aus Nürnberg und Aub – Fotos by Thomas Kriska
ARCHIVE
Ali Safianou Touré- Aufruf zur Kundgebung vor dem BAMF / Besuch in Aub
Fax Musterbrief an: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg -
Video: Solidarität mit Ali Safianou Touré: „Der Kampf geht weiter!“
Negative Entscheidung am Verwaltungsgericht Schwerin - Aufruf zur Kundgebung vor dem Bundesamt in Nürnberg am 26. Juli 2012