Bericht von den Aktionstagen der Roma InitiativeThüringen vom 25. bis 27. Juli 2013 in Jena und Aufruf an die Öffentlichkeit
Wir, Roma aus den verschiedenen Regionen Thüringens, organisieren uns nach verschiedenen Beratungen mit den Roma-Communitys in Erfurt, Waltershausen und Gera seit dem 8. Juni 2013 in den Flüchtlingslagern als Roma aus Serbien, Kosovo, Metohija, Makedonien und Montenegro unter dem Namen „Roma Initiative Thüringen“. Der erste Schritt, um an die Öffentlichkeit zu gehen, heißt “Der Weg der Roma – Romengo Drom”, eine Reihe von Aktionstagen in Jena. Dazu hatten sich Roma aus Jena, Greiz, Waltershausen und Eisenberg versammelt.
Auf einer öffentlichen Konferenz am 26.7. haben Roma von ihrer Situation an den verschiedenen Orten berichtet:In Eisenberg, in der sogenannten Erstaufnahmeeinrichtung, kommen die Flüchtlinge direkt nach ihrer Einreise an. Es ist dort sehr schwierig, Kontakte und Informationen zu bekommen, und die Behörden dort nutzen sehr oft diese Isolierung aus, um Ankömmlinge mit illegalen Mitteln, ohne Asylverfahren abzuschieben. Speziell für die Roma ist Eisenberg ein Abschiebungszentrum – dies geht sogar soweit, dass die Verwaltung die Abschiebung organisiert, bevor die betreffende Person überhaupt in Eisenberg eingetroffen ist. Ein Teilnehmer des ersten Aktionstages am 25.7. wurde ohne vorherige Ankündigung noch in derselben Nachtabgeschoben. Auch wurde uns berichtet, dass das Sicherheitspersonal sich gegenüber den Flüchtlingen verbale oder tätliche Übergriffe erlaubt, beispielsweise wurde ein 20jähriger Flüchtling absichtlich die Treppe hinuntergestoßen. Auf die Frage ob sie sich dies gefallen lassen würde, antwortete eine Kollegin dieser Wachleute: “Ich bin hier in meinem eigenen Land, ich brauche von niemandem etwas.”
Am 26.7. gab es eine weitere Abschiebung eines Roma. Bei dieser Gelegenheit war ein anderer Roma anwesend. Sein Versuch mit dem Handy zu telefonieren, wurde mit Gewalt vom Wachpersonal beendet – er wurde am Handgelenk verletzt. Offensichtlich finden in Eisenberg fast täglich illegale Abschiebungen statt. Wir wissen nicht, ob die Menschen, die uns heute beim letzten Aktionstag begleitet haben, in den nächsten Wochen noch bei uns sein werden.
Unter den Roma in Jena sind ein 13jähriges Mädchen und ein 19jähriger Junge, die beide seit einem halben Jahr dort leben. Beiden wird das Recht auf Schulbesuch (im Falle des Jungen auch noch auf Ausbildung) nicht zugestanden. Statt eines Ausweises bekommen die Roma in Jena sie nur ein weißes Papier, welches bei einer Kontrolle von der Polizei nicht anerkannt wird. Das Heim in der Schulstraße ist wesentlich besser als die in Greiz und Eisenberg, es ist sauber, in akzeptablem Zustand und in einer guten Lage in der Stadt. Das Heim an sich enthält Beschränkungen für die Menschen: Die Familien gezwungen, in einem einzigen Zimmer zu leben. Zudem gibt es zahlreiche Regeln und Kontrollen, denen ein Einwohner eines normalen Mietshauses nicht unterworfen wäre. Es gibt entweder den Heimleiter oder abends einen Sicherheitsdienst, welcher die Indentität von Besuchern überprüft und kontrolliert, wann sie kommen und gehen. Es gibt acht Kameras am Haus, zwei davon sind auf den Innenhof gerichtet. Man kann sagen, Kontrollen und Kameras definieren das Heim zum Lager.
Die medizinische Situation ist prekär, und kann leicht kritisch werden: Die Flüchtlinge haben einmal im Monat das Recht auf einen Krankenschein, der dann nur für eine Praxis gültig ist. Wenn ein in dieser First ein weiterer Arzt kontaktiert werden muss, ist das beim Sozialamt zu beantragen. Die gängige Praxis ist, dass das Sozialamt diese Anträge oft verweigert und sich in jedem fall eine Entscheidungsmacht einräumt, die über Patient und Arzt steht. Zahnersatz und Füllungen gibt es für Flüchtlinge generell nicht, die einzige erlaubte Zahnarztleitung ist das Ziehen von Zähnen.
Frau Vesna Jankovic, die in Greiz im Lager lebt, hat große gesundheitliche Probleme. In ihrem zweimonatigen Aufenthalt in Eisenberg wurden ihre Schmerzen solange ignoriert bis sie mit einer beginnenden Sepsis in ein Krankenhaus nach Jena gebracht werden musste. In einer Notoperation wurde ihr eine Niere entfernt. Sie wurde dann nach Greiz transferiert. Bald danach hatte sie Fieber und Schmerzen und entwickelte eine Infektion an der operierten Stelle. Sie lebt in dem Lager unter schlechten hygienischen Bedingungen. Sie muss trotz ihrer schlechten Verfassung ihre Umgebung ständig säubern, da ihre Famile mit zahlreichen alleinstehenden Männernauf einer Etage wohnt. So kann sie neue Infektionen nicht abwenden. Sie fühlt sich sehr schlecht, hat wenig Kräfte und benötigt dringend eine Umgebung, wo sich ihr Zustand bessern kann. Wir fordern sofortige medizinische Rehabilitation für sie sowie eine normale Wohnung für sie und ihre Familie.
Die generelle Situation der Flüchtlinge in Greiz ist schlechter als die in Jena. Hier gibt es noch das System der Gutscheine, wo die Menschen kein Geld in die Hand bekommen und anstatt dessen in einem bestimmten Geschäft auf diesen Schein eine beschränkte Auswahl von Waren zu erhalten. Das Gutscheinsystem stigmatisiert die Flüchtlinge. In Thüringen gilt es gegenwärtig in Greiz und Apolda. Es muss abgeschafft werden.
Das Volk der Roma hat keinen eigenen Staat und muss auf eine jahrhundertelange Geschichte der Verfolgung zurückblicken. Die Geschichte der Verdammung, Internierung und Vernichtung der Roma zur Zeit Nazideutschlands hatte trotz der Einweihung einer Gedenkstätte in Berlin bisher niemals eine gesellschaftspolitische Debatte zur Folge. Im öffentlichen Diskurs des Innenministers Friedrich und in den Mainstream-Medien wird der Wunsch,ein normales Leben ohne Verfolgung und Diskriminierung zu führen, negativ umgedeutet. Uns wird das Image vom “Wirtschaftsflüchtling”, der ” von Deutschland profitieren will” übergestülpt. Dieser Diskurs ist eine Diskriminierung. Hat denn nicht jeder Mensch ein Recht auf eine Umgebung, wo er ungestört leben und arbeiten kann? Es geht um Grundrechte, um gerechte Teilhabe an der Gesellschaft. Wir appellieren an die einheimische Bevölkerung, unseren Kampf um diese Rechte anzuerkennen – und sich uns anzuschließen. Die Sicherung der Grundrechte nützt uns allen! Wo solche Rechte aber mißachtet und Menschen ausgegrenzt werden, erleidet die Gemeinschaft Schaden.
Mit diesen ersten Aktionen haben wir schon einen ersten Schritt geschafft zu unserem Ziel, unsere Sichtweise in der soziokulturellen Debatte um die soziale Ausgrenzung der Roma in Deutschland genauer zu definieren und die autoritäre politische Struktur der Verweigerung regulärer Asylverfahren anzuklagen.
Die Initiative fordert:
1. Reguläre Asylverfahren für alle Roma!
2. Abschiebestopp und keine erzwungene “freiwillige” Ausreise
3. Ein Leben ohne Verfolgung und Diskriminierung!
4. Abschaffung der Residenzpflicht für alle!
5. Raus aus den Lagern! Wohnungen mit Privatsphäre für alle!
6. Gleicher Zugang zu Bildung und Recht auf Arbeit
7. Freier Zugang zu medizinischer Versorgung
Zusammengefasst fordern wir das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben!
Es ist nahezu 70 Jahre her, als Nazi-Deutschland die Roma auf ihrem Weg zu einem besseren Leben gestoppt haben und alle bisherigen Bemühungen zerstörten. Spätestens jetzt im 21.Jh ist es Zeit wieder aufzustehen und den Weg hin zu einem neuen Selbstbewusstsein zu beschreiten, den Erfolg zurückzugewinnen und den Stolz und die Gerechtigkeit die wir verloren haben zurückzuholen.
Mit unserer Initiative wollen wir die Solidarität sowohl in der Roma- und der Flüchtlingscommunity als auch in der deutschen Gesellschaft stärken!
Wir rufen die Verantwortlichen der deutschen Behörden und die Politiker in Thüringen auf, für den „Weg der Roma“ in Thüringen zu handeln: Stoppt die Abschiebungen von Roma – Bewegungsfreiheit ist ein wichtiges Gut!Freiheit für alle Abschiebehäftlinge!
Roma Initiative Thüringen, Lager GU, Asylbewerberheim, Schulstraße 11, 07749 Jena
Pressekontakt: Muharem Komina +4915215424882 (Konversation in Englisch)
Email: roma.thueringen @ gmail.com
https://www.facebook.com/roma.thuringen
http://www.flickr.com/photos/97894743@N04/
''''
Presse:
http://www.jenatv.de/politik/Aktionstage_der_Roma_Initiative_Thueringen…
http://jena.tlz.de/web/lokal/leben/detail/-/specific/Roma-protestieren-…
http://www.jenapolis.de/2013/07/oeffentliche-aktionen-der-initiative-ro…
+ + +
Roma Initiative Thüringen: Report of Action Days July 25th – 27th and Call to the Public
We are Roma, refugees from Serbia, Makedonia…. Living now in refugee lagers in different regions of Thuringia. After consultations with Roma communities from Erfurt, Waltershausen and Gera we founded on June 8th, 2013 the „Roma Initiative Thüringen“. After initial demonstrations, this is now the first step to go public. These action days in Jena have communicated our Motto “The Roma way – Romengo Drom” througout Thuringia and beyond, and realised first networking with other refugees in the region. We, participants of the action days, are Roma from Jena, Greiz, Waltershausen and Eisenberg.
In a public conference that took place on July 26th we heard reports from the different places:
In Eisenberg is the so-called Erstaufnahmeeinrichtung, where refugees are transferred immediately after immigration. In this place, it is very difficult to get contacts and information. The local authorities use that isolation of the newly arrived people for deporting them by illegal means, without any asylum process as law prescribes. Especially for the Roma, Eisenberg is a center of deportation – it is even so that authorities organise the deportation of a person before she or he has been transferred there from immigration.
One participant of the first action day, the 25th of July, has been deported the same night without previous announcement. We heard also that security forces of the Lager usually commit verbal and physical attacks to the refugees: As an example a 20 year old boy was intentionally husteled down the stairs by a security man. When he complained in the Lager, asking the responsible lady whether she would support such a treatment, she replied: “I am in my country and do not need anything from other persons.” On July 26th there was one more Roma deported, also illegally . In this act, security men prevented another Roma, who was present, from making a phone call – they forced him until he got hurt. Obviously, in Eisenberg illegal deportation is practised almost daily.
We do not know whether our friends who accompanied us today in this last action day will be with us for the next weeks.
Among the Roma in Jena, there are a 13 year old girl and a 19 year old boy. Both are living here yet for half a year, and for both the access to school (respectively in case of the boy, professional formation) is denied. Instead of a passport, the Roma in Jena get a white paper which is not recognised by the police in case of control.
The Home in the Schulstraße in Jena is substantially better than its counterparts in Greiz and Eisenberg; the building is in good conditions and it has a good location in the town. Internet is at disposition. The Home’s director has a quite positive attitude towards the people. They do all the house cleaning by themselves, and obtain the necessary means from the Home. However, the Home restricts the refugees: It is a residential built for single people – that means that each family has just one room to live. Furthermore, there are rules and controls that a habitant of a normal apartment building would never be subjected to. The home’s director or alternatively a security man registers the identity of each visitor as well as the hour of arrival and depart. Around the house there are eight cameras, two of them pointing to the courtyard. In conclusion, the controls and cameras define the Home as a Lager.
The medical situation is precarious and tends easily to be critical: All refugees have once a month the right for one Krankenschein which is valid only for one doctor. If during that time a visit to second doctor becomes necessary, refugees must solicit it at the Sozialamt. This latter tends to deny those solicitations; in any case this authority claims the decision for itself, with higher priority than the doctor’s opinion or the patient’s concern. For them, a normal dental care is not in reach - the only treatment authorities pay for refugees is extraction of a tooth in case of pain.
Madam Vesna Janković, who lives in Greiz in the Home has serious health problems. During her stay of two months in Eisenberg her pains were ignored so long by the responsibles until she developed a beginning sepsis and had to be brought in urgency to a hospital in Jena. In an immediate operation, one of her kidneys was extracted. She was then transferred to Greiz. Soon after that she got fevers as well as an infection at the operated site. She lives in the lager under bad hygienic conditions. In spite of her illness she is obliged to constantly clean her surroundings, because her family shares the bathroom with 7 single men living on the same floor. In this manner she cannot prevent new infections. She feels very unwell, and has little forces – she urgently needs a surrounding where she can reestablish. We demand for her an immediate medical rehabilitation and a normal apartment for her and her family.
The general situation for refugees in Greiz is worse than in Jena. There still exists the system of coupons, where the people get no money in their hands but just these coupons giving a restricted choice of goods and are restricted to a specified supermarket. This coupon system stigmatises the refugees. For Thuringia, presently it is valid in Greiz and Apolda. It must be abolished.
Roma People did never hold a state of their own and thus is looking back on a history of centuries of persecution. The history of damnation of Roma People in German Nazi times never concluded in an adequate socio-political debate although a Roma memorial has been inaugurated in Berlin.
In the official statements of the minister of Interior Friedrich as well as in the mainstream media the Roma’s wish for a normal life without persecution and discrimination is being distorted into a negative meaning. They impose on us the image of an “economic refugee” who “wants to benefit from Germany”. That discourse is a discrimination! Hasn’t every human being the right to live and work under humane conditions? This is a question of basic rights, of equal participation in the society. We call on the local habitants to recognise our fight – and to join it. To defend basic rights is good for all of us! But where those rights are violated and people are excluded, the community suffers serious damage.
Through these our first actions we have advanced a step to a better definition of our point of view within the socio-political discourse about the social exclusion of Roma
in Germany and as to impeach the ongoing structural refusal of accepting regular asylum applications.
We strongly demand:
1. regular asylum cases for all Roma People!
2. stop deportation and forced “voluntary” exit!
3. life free of persecution and discrimination!
4. abolishment of the “Residenzpflicht”-law!
5. out of the lager! housing with privacy for all!
6. equal accessibility to education and working permits!
7. free access to full medical treatment!
All together we demand for our right of self-determined living! We want to strengthen the solidarity within the Roma and refugee community as well as within the German society. Roma Community in solidarity with the “Break Isolation” movement! Freedom for all Deportation Prisoners! It has been almost 70 years since Nazi Germany stopped us Roma People on our way for a better life destroying everything in it. It’s time to raise in the 21st century to get back on the road of self- determination as to bring back our dignity we lost and the justice we never experienced.
With our initiative we want to reinforce solidarity – as well in the Roma and refugee community as within the German society! We call on the responsibles in the German authorities and on the politicians in Thuringia to act in the sense of “The Roma Way” in Thuringia: Stop deportation of Roma – the freedom of movement is an important right for all! Freedom for all deportation detainees!
Roma Initiative Thüringen, Lager GU, Asylbewerberheim, Schulstraße 11, 07749 Jena
Pressekontakt: Muharem Komina +4915215424882 (Konversation in Englisch)
Email: roma.thueringen @ gmail.com
https://www.facebook.com/roma.thuringen
http://www.flickr.com/photos/97894743@N04/
- See more at: http://alle-bleiben.info/roma-initiativethuringen-vom-25-bis-27-juli-20… InitiativeThüringen vom 25. bis 27. Juli 2013 in Jena
Bericht von den Aktionstagen der Roma InitiativeThüringen vom 25. bis 27. Juli 2013 in Jena und Aufruf an die Öffentlichkeit
Wir, Roma aus den verschiedenen Regionen Thüringens, organisieren uns nach verschiedenen Beratungen mit den Roma-Communitys in Erfurt, Waltershausen und Gera seit dem 8. Juni 2013 in den Flüchtlingslagern als Roma aus Serbien, Kosovo, Metohija, Makedonien und Montenegro unter dem Namen „Roma Initiative Thüringen“. Der erste Schritt, um an die Öffentlichkeit zu gehen, heißt “Der Weg der Roma – Romengo Drom”, eine Reihe von Aktionstagen in Jena. Dazu hatten sich Roma aus Jena, Greiz, Waltershausen und Eisenberg versammelt.
Auf einer öffentlichen Konferenz am 26.7. haben Roma von ihrer Situation an den verschiedenen Orten berichtet:In Eisenberg, in der sogenannten Erstaufnahmeeinrichtung, kommen die Flüchtlinge direkt nach ihrer Einreise an. Es ist dort sehr schwierig, Kontakte und Informationen zu bekommen, und die Behörden dort nutzen sehr oft diese Isolierung aus, um Ankömmlinge mit illegalen Mitteln, ohne Asylverfahren abzuschieben. Speziell für die Roma ist Eisenberg ein Abschiebungszentrum – dies geht sogar soweit, dass die Verwaltung die Abschiebung organisiert, bevor die betreffende Person überhaupt in Eisenberg eingetroffen ist. Ein Teilnehmer des ersten Aktionstages am 25.7. wurde ohne vorherige Ankündigung noch in derselben Nachtabgeschoben. Auch wurde uns berichtet, dass das Sicherheitspersonal sich gegenüber den Flüchtlingen verbale oder tätliche Übergriffe erlaubt, beispielsweise wurde ein 20jähriger Flüchtling absichtlich die Treppe hinuntergestoßen. Auf die Frage ob sie sich dies gefallen lassen würde, antwortete eine Kollegin dieser Wachleute: “Ich bin hier in meinem eigenen Land, ich brauche von niemandem etwas.”
Am 26.7. gab es eine weitere Abschiebung eines Roma. Bei dieser Gelegenheit war ein anderer Roma anwesend. Sein Versuch mit dem Handy zu telefonieren, wurde mit Gewalt vom Wachpersonal beendet – er wurde am Handgelenk verletzt. Offensichtlich finden in Eisenberg fast täglich illegale Abschiebungen statt. Wir wissen nicht, ob die Menschen, die uns heute beim letzten Aktionstag begleitet haben, in den nächsten Wochen noch bei uns sein werden.
Unter den Roma in Jena sind ein 13jähriges Mädchen und ein 19jähriger Junge, die beide seit einem halben Jahr dort leben. Beiden wird das Recht auf Schulbesuch (im Falle des Jungen auch noch auf Ausbildung) nicht zugestanden. Statt eines Ausweises bekommen die Roma in Jena sie nur ein weißes Papier, welches bei einer Kontrolle von der Polizei nicht anerkannt wird. Das Heim in der Schulstraße ist wesentlich besser als die in Greiz und Eisenberg, es ist sauber, in akzeptablem Zustand und in einer guten Lage in der Stadt. Das Heim an sich enthält Beschränkungen für die Menschen: Die Familien gezwungen, in einem einzigen Zimmer zu leben. Zudem gibt es zahlreiche Regeln und Kontrollen, denen ein Einwohner eines normalen Mietshauses nicht unterworfen wäre. Es gibt entweder den Heimleiter oder abends einen Sicherheitsdienst, welcher die Indentität von Besuchern überprüft und kontrolliert, wann sie kommen und gehen. Es gibt acht Kameras am Haus, zwei davon sind auf den Innenhof gerichtet. Man kann sagen, Kontrollen und Kameras definieren das Heim zum Lager.
Die medizinische Situation ist prekär, und kann leicht kritisch werden: Die Flüchtlinge haben einmal im Monat das Recht auf einen Krankenschein, der dann nur für eine Praxis gültig ist. Wenn ein in dieser First ein weiterer Arzt kontaktiert werden muss, ist das beim Sozialamt zu beantragen. Die gängige Praxis ist, dass das Sozialamt diese Anträge oft verweigert und sich in jedem fall eine Entscheidungsmacht einräumt, die über Patient und Arzt steht. Zahnersatz und Füllungen gibt es für Flüchtlinge generell nicht, die einzige erlaubte Zahnarztleitung ist das Ziehen von Zähnen.
Frau Vesna Jankovic, die in Greiz im Lager lebt, hat große gesundheitliche Probleme. In ihrem zweimonatigen Aufenthalt in Eisenberg wurden ihre Schmerzen solange ignoriert bis sie mit einer beginnenden Sepsis in ein Krankenhaus nach Jena gebracht werden musste. In einer Notoperation wurde ihr eine Niere entfernt. Sie wurde dann nach Greiz transferiert. Bald danach hatte sie Fieber und Schmerzen und entwickelte eine Infektion an der operierten Stelle. Sie lebt in dem Lager unter schlechten hygienischen Bedingungen. Sie muss trotz ihrer schlechten Verfassung ihre Umgebung ständig säubern, da ihre Famile mit zahlreichen alleinstehenden Männernauf einer Etage wohnt. So kann sie neue Infektionen nicht abwenden. Sie fühlt sich sehr schlecht, hat wenig Kräfte und benötigt dringend eine Umgebung, wo sich ihr Zustand bessern kann. Wir fordern sofortige medizinische Rehabilitation für sie sowie eine normale Wohnung für sie und ihre Familie.
Die generelle Situation der Flüchtlinge in Greiz ist schlechter als die in Jena. Hier gibt es noch das System der Gutscheine, wo die Menschen kein Geld in die Hand bekommen und anstatt dessen in einem bestimmten Geschäft auf diesen Schein eine beschränkte Auswahl von Waren zu erhalten. Das Gutscheinsystem stigmatisiert die Flüchtlinge. In Thüringen gilt es gegenwärtig in Greiz und Apolda. Es muss abgeschafft werden.
Das Volk der Roma hat keinen eigenen Staat und muss auf eine jahrhundertelange Geschichte der Verfolgung zurückblicken. Die Geschichte der Verdammung, Internierung und Vernichtung der Roma zur Zeit Nazideutschlands hatte trotz der Einweihung einer Gedenkstätte in Berlin bisher niemals eine gesellschaftspolitische Debatte zur Folge. Im öffentlichen Diskurs des Innenministers Friedrich und in den Mainstream-Medien wird der Wunsch,ein normales Leben ohne Verfolgung und Diskriminierung zu führen, negativ umgedeutet. Uns wird das Image vom “Wirtschaftsflüchtling”, der ” von Deutschland profitieren will” übergestülpt. Dieser Diskurs ist eine Diskriminierung. Hat denn nicht jeder Mensch ein Recht auf eine Umgebung, wo er ungestört leben und arbeiten kann? Es geht um Grundrechte, um gerechte Teilhabe an der Gesellschaft. Wir appellieren an die einheimische Bevölkerung, unseren Kampf um diese Rechte anzuerkennen – und sich uns anzuschließen. Die Sicherung der Grundrechte nützt uns allen! Wo solche Rechte aber mißachtet und Menschen ausgegrenzt werden, erleidet die Gemeinschaft Schaden.
Mit diesen ersten Aktionen haben wir schon einen ersten Schritt geschafft zu unserem Ziel, unsere Sichtweise in der soziokulturellen Debatte um die soziale Ausgrenzung der Roma in Deutschland genauer zu definieren und die autoritäre politische Struktur der Verweigerung regulärer Asylverfahren anzuklagen.
Die Initiative fordert:
1. Reguläre Asylverfahren für alle Roma!
2. Abschiebestopp und keine erzwungene “freiwillige” Ausreise
3. Ein Leben ohne Verfolgung und Diskriminierung!
4. Abschaffung der Residenzpflicht für alle!
5. Raus aus den Lagern! Wohnungen mit Privatsphäre für alle!
6. Gleicher Zugang zu Bildung und Recht auf Arbeit
7. Freier Zugang zu medizinischer Versorgung
Zusammengefasst fordern wir das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben!
Es ist nahezu 70 Jahre her, als Nazi-Deutschland die Roma auf ihrem Weg zu einem besseren Leben gestoppt haben und alle bisherigen Bemühungen zerstörten. Spätestens jetzt im 21.Jh ist es Zeit wieder aufzustehen und den Weg hin zu einem neuen Selbstbewusstsein zu beschreiten, den Erfolg zurückzugewinnen und den Stolz und die Gerechtigkeit die wir verloren haben zurückzuholen.
Mit unserer Initiative wollen wir die Solidarität sowohl in der Roma- und der Flüchtlingscommunity als auch in der deutschen Gesellschaft stärken!
Wir rufen die Verantwortlichen der deutschen Behörden und die Politiker in Thüringen auf, für den „Weg der Roma“ in Thüringen zu handeln: Stoppt die Abschiebungen von Roma – Bewegungsfreiheit ist ein wichtiges Gut!Freiheit für alle Abschiebehäftlinge!
Roma Initiative Thüringen, Lager GU, Asylbewerberheim, Schulstraße 11, 07749 Jena
Pressekontakt: Muharem Komina +4915215424882 (Konversation in Englisch)
Email: roma.thueringen @ gmail.com
https://www.facebook.com/roma.thuringen
http://alle-bleiben.info
http://www.flickr.com/photos/97894743@N04/
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Presse:
http://www.jenatv.de/politik/Aktionstage_der_Roma_Initiative_Thueringen…
http://jena.tlz.de/web/lokal/leben/detail/-/specific/Roma-protestieren-…
http://www.jenapolis.de/2013/07/oeffentliche-aktionen-der-initiative-ro…
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Roma Initiative Thüringen: Report of Action Days July 25th – 27th and Call to the Public
We are Roma, refugees from Serbia, Makedonia…. Living now in refugee lagers in different regions of Thuringia. After consultations with Roma communities from Erfurt, Waltershausen and Gera we founded on June 8th, 2013 the „Roma Initiative Thüringen“. After initial demonstrations, this is now the first step to go public. These action days in Jena have communicated our Motto “The Roma way – Romengo Drom” througout Thuringia and beyond, and realised first networking with other refugees in the region. We, participants of the action days, are Roma from Jena, Greiz, Waltershausen and Eisenberg.
In a public conference that took place on July 26th we heard reports from the different places:
In Eisenberg is the so-called Erstaufnahmeeinrichtung, where refugees are transferred immediately after immigration. In this place, it is very difficult to get contacts and information. The local authorities use that isolation of the newly arrived people for deporting them by illegal means, without any asylum process as law prescribes. Especially for the Roma, Eisenberg is a center of deportation – it is even so that authorities organise the deportation of a person before she or he has been transferred there from immigration.
One participant of the first action day, the 25th of July, has been deported the same night without previous announcement. We heard also that security forces of the Lager usually commit verbal and physical attacks to the refugees: As an example a 20 year old boy was intentionally husteled down the stairs by a security man. When he complained in the Lager, asking the responsible lady whether she would support such a treatment, she replied: “I am in my country and do not need anything from other persons.” On July 26th there was one more Roma deported, also illegally . In this act, security men prevented another Roma, who was present, from making a phone call – they forced him until he got hurt. Obviously, in Eisenberg illegal deportation is practised almost daily.
We do not know whether our friends who accompanied us today in this last action day will be with us for the next weeks.
Among the Roma in Jena, there are a 13 year old girl and a 19 year old boy. Both are living here yet for half a year, and for both the access to school (respectively in case of the boy, professional formation) is denied. Instead of a passport, the Roma in Jena get a white paper which is not recognised by the police in case of control.
The Home in the Schulstraße in Jena is substantially better than its counterparts in Greiz and Eisenberg; the building is in good conditions and it has a good location in the town. Internet is at disposition. The Home’s director has a quite positive attitude towards the people. They do all the house cleaning by themselves, and obtain the necessary means from the Home. However, the Home restricts the refugees: It is a residential built for single people – that means that each family has just one room to live. Furthermore, there are rules and controls that a habitant of a normal apartment building would never be subjected to. The home’s director or alternatively a security man registers the identity of each visitor as well as the hour of arrival and depart. Around the house there are eight cameras, two of them pointing to the courtyard. In conclusion, the controls and cameras define the Home as a Lager.
The medical situation is precarious and tends easily to be critical: All refugees have once a month the right for one Krankenschein which is valid only for one doctor. If during that time a visit to second doctor becomes necessary, refugees must solicit it at the Sozialamt. This latter tends to deny those solicitations; in any case this authority claims the decision for itself, with higher priority than the doctor’s opinion or the patient’s concern. For them, a normal dental care is not in reach - the only treatment authorities pay for refugees is extraction of a tooth in case of pain.
Madam Vesna Janković, who lives in Greiz in the Home has serious health problems. During her stay of two months in Eisenberg her pains were ignored so long by the responsibles until she developed a beginning sepsis and had to be brought in urgency to a hospital in Jena. In an immediate operation, one of her kidneys was extracted. She was then transferred to Greiz. Soon after that she got fevers as well as an infection at the operated site. She lives in the lager under bad hygienic conditions. In spite of her illness she is obliged to constantly clean her surroundings, because her family shares the bathroom with 7 single men living on the same floor. In this manner she cannot prevent new infections. She feels very unwell, and has little forces – she urgently needs a surrounding where she can reestablish. We demand for her an immediate medical rehabilitation and a normal apartment for her and her family.
The general situation for refugees in Greiz is worse than in Jena. There still exists the system of coupons, where the people get no money in their hands but just these coupons giving a restricted choice of goods and are restricted to a specified supermarket. This coupon system stigmatises the refugees. For Thuringia, presently it is valid in Greiz and Apolda. It must be abolished.
Roma People did never hold a state of their own and thus is looking back on a history of centuries of persecution. The history of damnation of Roma People in German Nazi times never concluded in an adequate socio-political debate although a Roma memorial has been inaugurated in Berlin.
In the official statements of the minister of Interior Friedrich as well as in the mainstream media the Roma’s wish for a normal life without persecution and discrimination is being distorted into a negative meaning. They impose on us the image of an “economic refugee” who “wants to benefit from Germany”. That discourse is a discrimination! Hasn’t every human being the right to live and work under humane conditions? This is a question of basic rights, of equal participation in the society. We call on the local habitants to recognise our fight – and to join it. To defend basic rights is good for all of us! But where those rights are violated and people are excluded, the community suffers serious damage.
Through these our first actions we have advanced a step to a better definition of our point of view within the socio-political discourse about the social exclusion of Roma
in Germany and as to impeach the ongoing structural refusal of accepting regular asylum applications.
We strongly demands:
1. regular asylum cases for all Roma People!
2. stop deportation and forced “voluntary” exit!
3. life free of persecution and discrimination!
4. abolishment of the “Residenzpflicht”-law!
5. out of the lager! housing with privacy for all!
6. equal accessibility to education and working permits!
7. free access to full medical treatment!
All together we demand for our right of self-determined living! We want to strengthen the solidarity within the Roma and refugee community as well as within the German society. Roma Community in solidarity with the “Break Isolation” movement! Freedom for all Deportation Prisoners! It has been almost 70 years since Nazi Germany stopped us Roma People on our way for a better life destroying everything in it. It’s time to raise in the 21st century to get back on the road of self- determination as to bring back our dignity we lost and the justice we never experienced.
With our initiative we want to reinforce solidarity – as well in the Roma and refugee community as within the German society! We call on the responsibles in the German authorities and on the politicians in Thuringia to act in the sense of “The Roma Way” in Thuringia: Stop deportation of Roma – the freedom of movement is an important right for all! Freedom for all deportation detainees!
Roma Initiative Thüringen, Lager GU, Asylbewerberheim, Schulstraße 11, 07749 Jena
Pressekontakt: Muharem Komina +4915215424882 (Konversation in Englisch)
Email: roma.thueringen@gmail.com
https://www.facebook.com/roma.thuringen
http://alle-bleiben.info
http://www.flickr.com/photos/97894743@N04/
- See more at: http://alle-bleiben.info/roma-initiativethuringen-vom-25-bis-27-juli-20…