„Keinen Kompromiss mit Abschiebungen! Rassismus mordet!“ - Auf welcher Seite stehst du?
In Rahmen die Karawane-Tour vom 19. Mai bis 4. Juni 2007
Auf welcher Seite stehst du?
Hamburg – Karawane
Bleiberecht der IMK heißt Massenabschiebung
Vorweg einige Sätze aufgrund der verbreiteten deutschen Verweigerungshaltung, die Kontinuitäten in der deutschen Geschichte zu sehen. Von größter Bedeutung ist die ideologische Seite, die Methoden sind im historischen Kontext entsprechend angepaßt. Die herrschende Ideologie ist seit der Eroberung der anderen Kontinente und der Kolonialisierung (Versklavung, Vernichtung, Unterdrückung) der dort lebenden Völker die des „Herrenmenschendenken“ und der „weißen Überlegenheit“. Innerhalb der herrschenden Klassen Europas sieht sich die deutsche Bourgosie als überlegen, ob als deutsches Reich oder als europäische Zentralmacht.
„Deutschland wird jetzt nicht mehr an unseren Ostgrenzen verteidigt, sondern Deutschland wird überall auf der Welt verteidigt.“ (Peter Struck (SPD), deutscher Verteidigungsminister, 5. Feb. 2003)
„Wir müssen damit rechnen, dass unsere Interessen sich vermehren und wir müssen dann in der Lage sein, sie auf allen Weltmeeren zu verteidigen.“ (Wilhelm II., deutscher Kaiser, 27. Okt. 1908)
„Dass Deutschland auf dem europäischen Kontinent eine besondere Verantwortung übernehmen muss, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Das gleiche gilt für Afrika. Auch dort sind wir in der Pflicht.“ (Peter Struck (SPD), deutscher Verteidigungsminister, 29. Feb. 2004 anläßlich der Entsendung der ersten deutschen Militärbeobachter nach Äthiopien)
„Das neue Deutsche Reich hat seinen Platz an der Sonne des alten Europa bereits erkämpft, auch die Sonne Afrikas wird ihm wieder leuchten.“ („Münchener Medizinisches Wochenblatt“, deutsche Zeitschrift, 27. Dez. 1940)
Rassismus und Nationalismus sind traditionell bewährte Mittel, Verbrechen gegen andere Gruppen gesellschaftsfähig erscheinen zu lassen. Gezielte Verdummung breiter Massen und Sündenbockpräsentationen als Überdruckventil beweisen sich bis heute für die Herrschenden als überaus effektiv. Es ist das Rüstzeug um die willigen Untertanen zum (totalen) Krieg oder zu (neuen) Endlösungen aufzurufen. Vorraussetzung ist die Akzeptanz eines Gesellschaftssystems, das das Leben der einen auf Kosten des Lebens anderer zur Grundlage hat.
„Until the philosophy which hold one race superior and another inferior is finally and permanently discredited and abondend – it is war.
Die Frage an jede und jeden ist, auf welcher Seite du stehst?
Dazu ist es bedeutsam allen Manipulationen, Relativierungen und Verharmlosungen historisch und aktuell entgegen zutreten.
Der Anlaß für diesen Text sind die letzte deutsche Innenministerkonferenz (IMK) und die Diskussionen um ein Bleiberecht für Flüchtlinge mit dem rechtlosen Status der sogenannten Duldung.
Anfang November beschlossen die deutschen Innenminister eine Regelung zur massenhaften Abschiebung von geschätzten 190.000 Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, denen die Asylanerkennung verweigert wurde und die oft seit vielen Jahren entrechtet und unter permanenter Abschiebedrohung hier leben.
Vorangegangen war eine öffentliche Debatte initiert von NGOs, Kirchenkreisen, Jugendgruppen und Betroffenen um ein Bleiberecht für Flüchtlinge, die seit vielen Jahren in Deutschland leben. So wichtig und berechtigt die Forderungen nach Beendigung der sogenannten Kettenduldungen sind, wäre es gefährlich das scheinbare Eingehen des Staates darauf als positives Signal darzustellen. Zunächst ist festzustellen, daß es im Kampf gegen Abschiebungen eine Verschiebung stattgefunden hat von der Verteidigung des Rechts auf Asyl zu einer Art Gnadenrecht für langjährigen Aufenthalt. Insofern wirken Teile der Bleiberechtskampagnen wie die Kapitulation vor der faktischen Abschaffung des Asylrechts und der ungehemmten Abschiebepraxis in Diktaturen, Folterstaaten, Kriegsgebiete und Armutsregionen.
Eine Verschiebung der Auseinandersetzung auf die Ebene, wer so und so lange hier ist, sollte einen Aufenthalt bekommen, will sich der Staat zu nutze machen indem er scheinbar darauf eingeht und von seinen anderen Praktiken wie der nahezu hundertprozentigen Asylablehnung, der massenhaften Asylaberkennung, der Stigmatisierung von Oppositionellen als Terroristen oder Kriminelle ablenkt. Dort hat der Staat bereits alle gesetzlichen Regelungen getroffen, um Menschen ihre Existenzrecht zu rauben. Für die Menschen die seit langem unter der Duldung leben, sucht der Staat Möglichkeiten entsprechend seiner rassistischen Grundverfassung ebenfalls eine Lösung. Das ist einer der Gründe für das Aufgreifen der Bleiberechtsdiskussion.
Um Mißinterpretationen vorzubeugen, die Bleiberechtskämpfe sind wichtiger Teil einer zu schaffenden gemeinsamen Front gegen jede einzelne Abschiebung und gegen jede Form staatlicher Selektion. Sie dürfen nur nicht dahin führen, daß der Staat sie in seine Endlösungsstrategien zur Flüchtlingsabwehr integrieren kann.
Die Innenminister haben mit ihrer Entscheidung in Nürnberg einen weiteren Sprung nach vorne gemacht. Sie haben eine unheimlich weitreichende Regelung zur Massenabschiebung getroffen und bezeichnen dieses extremistische Machwerk als „Bleiberechtsbeschluß“. Sowie Angriffskriege als Friedensmissionen und humanitäre Einsätze tituliert werden, wird auch hier mittels der Titulierung auf perfideste Art über den Inhalt hinweggetäuscht.
Der Beschluß zur Massenabschiebung (im Orginalwortlaut: Bleiberechtsbeschluß) der IMK vom 17.11.2006 beginnt mit der Verhöhnung all jener, denen der deutsche Staat seit Jahren und Jahrzehnten ihre Grund- und Menschenrechte verwehrt. Ebenso werden jene verhöhnt, die gehofft hatten, daß die Minister der öffentlichen Debatte um mehr Menschlichkeit folgen würden.
So lautet es unter II.1.:
„Ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen, die faktisch wirtschaftlich und sozial im Bundesgebiet integriert sind, soll auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ein Bleiberecht gewährt werden.“
Von wem sprechen diese Herren und Damen, die Verfechter der Residenzpflicht, der Arbeitsverbote, der Lagerinternierung der Abschiebungen, die schon immer alles daran setzten, daß sich hier niemand wirtschaftlich und sozial integriert.
Über wen sie sprechen und was sie vorhaben wir erst unter II.2. Deutlich:
„Der Aufenthalt von Ausländern, die nach dieser Regelung keine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, muss konsequent beendet werden. Die Rückführung von ausreisepflichtigen Ausländern soll durch geeignete Maßnahmen verbessert werden und praktische Hindernisse der Abschiebung ... sollen soweit möglich beseitigt werden. Die Innenminister und -senatoren sind sich darüber einig, dass den nicht unter die Bleiberechtsregelung fallenden, nicht integrierten Ausreisepflichtigen keinerlei Anreize für den weiteren Verbleib in Deutschland ... gegeben werden dürfen. ...“
Hier ist das primäre Ziel des IMK-Beschlusses genannt, Aufenthalt konsequent beenden und Abschiebungen durch geeignete Mittel effizienter machen. Als geeignete Mittel hat sich der Staat bereits nächtliche Überfallkommandos, Abschiebehaft, Familientrennung, Charterdeportationen, Fesselungen, Knebelungen und Spritzen von Drogen bei Widerstand gegen die Abschiebung, Geiselnahme von Angehörigen und einen allgegenwärtigen psychologischen Terror zugelegt. Welche neuen „geeigneten“ Mittel werden zum Einsatz kommen? Die Innenminister sind sich einig, keinerlei Anreize zum Verbleib in Deutschland zu geben, der Vernichtungsgedanke zeigt sich bereits hinter den Drohungen. Was folgt, wenn der Reizentzug nicht den gewünschten Erfolg bringt?
Der dritte Teil des IMK-Beschlusses listet die Bedingungen auf, die für eine auf maximal zwei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis erfüllt sein müssen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bleibt dann immer noch eine Kann-Bestimmung.
Der Beschluss gilt nur für Familien, die mindestens ein minderjähriges Kind haben, das den Kindergarten oder die Schule besucht, und die seit mindestens sechs Jahren in Deutschland leben. Alle anderen Menschen müssen seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben. Für beide Gruppen ist die Grundvoraussetzung, daß sie in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis stehen und daß auch perspektivisch ihr Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen gesichert sein wird. Als Ausnahme kann eine Ausbildung aber nur in einem anerkannten Lehrberuf oder vorübergehender Bezug von Sozialleistungen bei Alleinerziehenden.
Weitere Voraussetzungen sind:
ausreichender Wohnraum.
Bei Familien der Nachweis des tatsächlichen Schulbesuchs. Hierbei kann eine positive Schulprognose verlangt werden.
ausreichende Deutschkenntnisse.
Diese Personen können ab dem 17.11.2006 innerhalb von sechs Monaten einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stellen. Die Bundesländer können zusätzlich „Integrations“gespräche und „Integrations“vereinbarungen fordern, d. h. Den Behörden werden weitere Mittel zur Ablehung eines Aufenthalts an die Hand gegeben.
Erwerbsunfähige Personen, also Menschen, die aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung, etc. nicht fähig sind ihren Lebensunterhalt aus Lohnarbeit zu sichern, erhalten keinen Aufenthalt, es sei denn sie hätten genug Geld um sich selbst zu versorgen oder dritte übernehmen alle Kosten, was dann in einer Verpflichtungserklärung gegenüber dem Staat fixiert wird.
Diejenigen, die sechs bzw. acht Jahre hier leben und nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen (was die absolute Mehrheit gar nicht kann, weil der Status der Duldung die Aufnahme einer Beschäftigung in der Regel untersagt) sollen bis zum 30.09.2007 eine Duldung mit Erlaubnis zur Arbeitsaufnahme erhalten. Wenn bis dahin ein gesicherter Arbeitsplatz vorgewiesen werden kann, kann eine Aufenthaltserlaubnis für maximal zwei Jahre erteilt werden. Bei mind. sechs Millionen Erwerbslosen ( 1 Euro-Jobber etc. mit eingeschlossen) und ganzen Regionen in Deutschland, von wo viele Deutsche wegen der Chancenlosigkeit Arbeit zu finden, weglaufen, dient die Koppelung von Aufenthalt und Erwerbsarbeit dem unbedingten Abschiebewillen der Behörden.
Von vorne herein ausgeschlossen sind alle, die nicht entsprechend lange Jahre in Deutschland sind, Alte, Schwache und Kranke und weitere Personengruppen, die in dem Beschlußpapier der Minister extra aufgelistet werden:
Personen, die die Behörden getäuscht haben und die, die nicht an ihrer Abschiebung aktiv mitgewirkt haben.
Personen die strafrechtlich verfolgt und verurteilt wurden. Nur Geldstrafen, die weniger als 51 Tagessätzen bzw. 91 Tagessätzen nach dem Aufenthaltsgesetz (z.B. wegen Residenzpflichtverletzung, etc.) betragen, werden nicht berücksichtigt.
Personen die Bezüge zu Extremismus oder Terrorismus haben. Dies können alle sein, die nicht bereit sind die gesellschaftliche Realität von Unterdrückung, Entzug ihrer Rechte, Angriffskriege und Besatzung anderer Länder, etc. widerstandslos hinzunehmen Zusätzlich wird im Beschluß noch angefügt, daß wenn einem Familienmitglied wegen Straftaten die Aufenthaltserlaubnis verweigert wird, die gesamte Familie ausgeschlossen wird.
Dieser Beschluß der Innenministerkonferenz, der im Jahr 2007 im Bundestag debattiert und in Gesetzesform gegossen wird, manifestiert Bösartigkeit, Zynismus und Menschenverachtung.
Die Zahlen, daß 20.000 bis 30.000 Menschen durch diese Regelung Aufenthalt bekämen, was auch von NGOs so verbreitet wird, geht auf Zahlenangaben zurück, die die staatlichen Behörden selber machen. Wer den Beschluß der IMK inhaltlich kennt, weiß daß diese Zahlen ebenfalls nur Täuschung sind.
Der Kampf gegen Abschiebungen muß auf allen Ebenen verstärkt werden. Abschiebung ist das schärfste Mittel des Staates auf unseren Kampf für Menschenrecht. Widerstand gegen jede Form der Selektion, des Ausschlusses und der rassistischen Aufspaltung ist unsere tagtägliche Aufgabe und Pflicht.
Wahrhafte Internationale Solidarität wächst hier in Deutschland nur in dieser Auseinandersetzung.