BUNDESWEITE DEMO IN DESSAU IN GEDENKEN AN OURY JALLOH UND DOMINIQUE KOUMADIO
http://thecaravan.org
The persecution of a word and a call for action - nationwide demo in Dessau
English: http://thecaravan.org/files/caravan/THE%20PERSECUTION%20OF%20A%20WORD.pdf
DIE VERFOLGUNG EINES WORTES UND EIN AUFRUF ZUR AKTION
Deutsch: http://thecaravan.org/files/caravan/AUFRUF_PERSECUTION_OF_A_WORD_DE.pdf
Gedenken an Dominique: Karawane-Tour 2007 in Dortmund (Bericht)
https://thevoiceforum.org/node/515
The links for Posterdownload:
src="http://de.sevenload.com/im/xaeRqg2" width="425" height="599"
alt="'OURY+DEMO_kl' von mazdak" />
++
http://thecaravan.org/files/caravan/OURY+DEMO.pdf
Audio: Death in Cell #5 - Radio Broadcast by Mumia Abu Jamal on Oury Jalloh (mp3)
https://thevoiceforum.org/node/461
http://www.prisonradio.org/audio/mumia/2007MAJ/april07/Death%20in%20Cell%205.mp3
Stellungnahme zum Angriff auf die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh in Dessau
https://thevoiceforum.org/node/505
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BUNDESWEITE DEMO IN DESSAU IN GEDENKEN AN OURY JALLOH UND DOMINIQUE KOUMADIO
Samstag 23. JUNI, 14 - Hauptbahnhof DESSAU
DIE VERFOLGUNG EINES WORTES UND EIN AUFRUF ZUR AKTION
Ich wusste nicht, dass uns sogar das Recht abgesprochen wird, die gigantischste Deportation in der Geschichte der Menschheit bei ihrem Namen zu nennen. Und das nur deshalb, weil die Sklavenhändler, ihre Nachkommen und deren Historiker weder zum damaligen Zeitpunkt noch später das Wort Deportation zur Bezeichnung ihrer Praktiken verwendet oder autorisiert haben.
Rosa Amelia Plumelle-Uribe
Die Verfolgung eines Wortes
Diejenigen, denen die Brutalität des Apartheidregimes bewusst ist, können sich diese Situation nur allzu gut vorstellen: ein schwarzer Menschen ist auf eine Pritsche mit feuerfester Matratze an Händen und Füßen gefesselt. Stunden später ist dieser Mensch tot, sein Leichnam völlig karbonisiert, die oberen Teile seiner Finger komplett weggebrannt. Die offizielle These: Selbstmord.
Am 7. Januar 2005, ist Oury Jalloh unter genau diesen Umständen in Dessau gestorben. Am selben Tag wurde das Leben eines zweiten Afrikaners von der Polizei ausgelöscht: Layé Konde, der zehn Tage zuvor auf Grund eines gewalttätigen Brechmitteleinsatzes ins Koma gefallen war, verlor sein Leben ebenfalls am 7. Januar 2005. Keiner der verantwortlichen Polizeibeamten ist bisher verurteilt worden.
Seit diesem Tag sind eine Vielzahl von Flüchtlings-, MigrantInnen- und antirassistischen Initiativen zusammengekommen, um für Aufklärung, Gerechtigkeit und Entschädigung zu kämpfen. Unter dem Motto: BREAK THE SILENCE: OURY JALLOH DAS WAR MORD! organisierten wir uns in der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ um unseren Zielen Nachdruck zu verleihen.
Jedoch unsere Parole verursachte Angst und es folgte die Kriminalisierung unseres Kampfes seitens des Staates. Nach dieser Logik, ohne zu wissen was genau am 7. Januar in der Dessauer Polizeizelle geschehen war, ist es keine Straftat den Tod Oury Jallohs als Selbstmord zu bezeichnen, aber wer sagt, dass war Mord, soll verfolgt und bestraft werden.
Die Macht der Sprache, die Macht, Begriffe mit Bedeutung zu füllen, ist zugleich ein entscheidender und grundlegender Pfeiler der totalitären —und kolonialen— Macht. Diese wird ausgeübt, um Widerstand zum Schweigen zu bringen und um die Hegemonie über Wörter und Gedanken zu beherrschen.
Wir dürfen nicht vergessen, was die Geschichte uns lehrt. Wie oft und rücksichtslos wurde Genozid begangen, um die komplette Wahrheit zusammen mit den Opfern zu eliminieren, sowie es z.B. in Europa während der Nazizeit und bei der Sklaverei mit der Trennung von Mutter und Kind geschehen ist.
Aber wie die Henker, ihre Nachkommen und deren Historiker immer und immer wieder erkennen mussten: ganz gleich wie viele Menschen zu Tode gebracht wurden, egal inwieweit die Mächtigen bereit waren, ihre Ziele durchzusetzen – es blieb unmöglich eine kollektive Erinnerung auszulöschen und keine Unterdrückung blieb auf ewig.
Selektive Erinnerungen und die Nicht-Verfolgung der Wahrheit
„Man muss doch nicht alles sehen“ so Hans-Christoph Glombitza Leitender Polizeidirektor Dessaus, über die Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten.
Das die Justiz eine blinde Göttin ist
ist etwas worüber wir Schwarzen im Klaren sind.
Ihre Binden verstecken zwei verfaulte Wunden
die vielleicht einmal Augen waren
Aimé Césaire
Am 27. März 2007, wurde ein Gerichtsverfahren gegen zwei Polizeibeamte, die möglicherweise für den Tod Oury Jallohs verantwortlich sind, in Dessau begonnen. Andreas Schubert und Hans-Ulrich Merz sind von der Staatsanwaltschaft Dessau jeweils angeklagt wegen Körperverletzung mit Todesfolge und fahrlässiger Tötung. Bei der Anklage der Staatsanwaltschaft – die einzige Instanz, die in Deutschland in so einem Fall klagen darf - spielt weder Rassismus noch irgendein anderer möglicher Hintergrund der Tat eine Rolle. Die Anklage geht ausschließlich von einer These aus: Selbstmord. Ein gebrochenes Nasenbein und ein verletztes Mittelohr, Verletzungen, die bei der zweiten, von der Nebenklage finanzierten Obduktion entdeckt worden waren, gelten dabei nicht als Teil der gerichtlichen Beweislage.
Der bisherige Verlauf des Prozesses ist nicht mehr als die Bestätigung unseres tiefsten Misstrauens. Über zwei Jahre verurteilten wir ständig die Vertuschung und Verschleppung der Wahrheit in der Öffentlichkeit. Wie zu erwarten war, ähneln sich die Aussagen der vorgeladenen Polizisten auffallend: Alle können sich perfekt erinnern - außer an das was den Tod Oury Jallohs betrifft. Allerdings gibt es doch eine Ausnahme: alle können sich klar und deutlich daran erinnern, wie schnell Andreas Schubert, der auf der Anklagebank sitzt, weil die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, nicht zügig genug reagiert zu haben, in den Todestrakt gerannt ist, dort wo Oury Jalloh an Hände und Füße gefesselt, auf einer feuerfesten Matratze lag.
Jedoch ist das Thema Rassismus genauso abwesend wie die Wahrheit in den Worten der Angeklagten und der als Zeugen vorgeladenen Polizisten. Nur zwei Mal ist Rassismus als Thema überhaupt in den bisher zehn Verhandlungstagen angesprochen worden: Einmal, als ein Afrikaner aus dem Gerichtssaal rausgeworfen wurde, weil er –als der rassistische Dialog zwischen Arzt und angeklagtem Andreas Schubert vorgelesen wurde– „Was haben wir Euch jemals getan, das Ihr uns so behandelt!“ schrie, und ein zweites Mal als ein Aktivist der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ auf die Anklagebank gesetzt wurde, weil er angeblich ein anwesenden NPD-Kader beleidigt hatte.
Zu alldem kommt noch ein Skandal in den Medien: Hans-Christoph Glombitza, leitender Polizeidirektor Dessaus, sagte bei einem Treffen mit drei Staatsschützern über die Bekämpfung rechtsextremistischer Straftaten, „man muss doch nicht alles sehen“. Ergänzend erklärte er, dass Regierungsprogramme wie die Aktion „Hingucken!“ sowieso nur für die Galerien seien. Volker Bittermann, leitender Staatsanwalt Dessaus, hat seinerseits die Ermittlungen diesbezüglich schon eingestellt.
Ihrerseits sieht die Dessauer Polizei den Prozess als Gelegenheit, Aktivisten der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ zu kriminalisieren und zu verfolgen. Etwa hundert Polizisten mit Hunden bewaffnet schützen das Gerichtsgebäude innen und außen. Nicht nur die Prozessbeobachter sind schweren Sicherheitsvorkehrungen ausgesetzt, auch Aktivisten der Initiative werden durch gezielten Personalienkontrollen versucht einzuschüchtern.
Warum wir kämpfen müssen – nicht nur protestieren oder hinterfragen
Meine Zunge soll diejenigen in Ihrer Misere dienen, die keine Zunge haben, meine Stimme der Freiheit derer, die sich in dem Kerker der Verzweiflung befinden.
Aimé Césaire
Wir haben weder unseren Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit, noch unsere Entschlossenheit, unsere Meinungen selbst zu wählen, aufgegeben. Der Kampf um Wahrheit und Gerechtigkeit für Oury Jalloh – sowie für Dominique Koumadio, der am 14. April, 2006 von der Dortmunder Polizei erschossen– ist für uns eine Frage des Überlebens. Die Arroganz und das fehlende menschliche Verständnis - vor allem gegenüber Menschen nicht-europäischer Herkunft - innerhalb der Polizei und in der Gesellschaft im Allgemeinen ist das was es erlaubt, dass Menschen wie Oury Jalloh, solche grauenhaften Tode sterben müssen. Das diese Tatsache sowohl systematisch als auch historisch begründet ist, ist einer der vielen Gründe warum wir den Tod Oury Jallohs als Mord bezeichnen.
Das bedeutet aber, dass wir viel mehr tun müssen, als einfach zu protestieren oder die offiziellen Versionen der Morde an Oury, Dominique und Laye in Frage zu stellen. Vor allem geht es uns um unsere Selbstbestimmung und um unsere Wut gegen die unaufhörliche Barbarei.
Wir können und werden nicht zulassen, dass wir im Rahmen dieser verbrecherischen Normalität einfach weiterhin funktionieren, als Komplizen für Verfolgung und unseren eigenen Tod. Wenn wir das Schweigen nicht durchbrechen, wenn wir unsere eigene Meinung unterdrücken, leisten wir einen Beitrag zum Weiterbestehen unseres gemeinsamen Leidens.
Wir verweigern uns. Wir verweigern uns zu schweigen und wir verweigern uns, weiterhin Teil unserer eigenen Unterdrückung zu bleiben. Wir werden weder schweigen, noch zulassen, dass wir zum Schweigen gebracht werden. Diese Zeit ist vorbei.
MOBILISIERT EUCH! KOMMT NACH DESSAU AM 23. JUNI!
ORGANISIERT GRUPPEN IN EUREN STÄDTEN UM EINIGE TAGE ALS BEOBACHTER BEIM PROZESS IN DESSAU DABEI ZU SEIN.
STEH AUF! BREAK THE SILENCE!
Für mehr Information bitte wenden Sie sich an: Tel.: +(49)170-8788124 oder the_voice_goettingen@gmx.de
oder kontaktieren Sie alle lokalen Gruppen die oben am Kopf dieser Seite aufgeführt sind.
TREFFPUNKT FÜR DIE ABFAHRT VON BERLIN, REISECENTER AM ALEX, 10:30 Uhr
www.thecaravan.org | www.plataforma-berlin.de | www.thevoiceforum.org
English:
THE PERSECUTION OF A WORD AND A CALL FOR ACTION
23RD JUNE; 2007; 2PM CENTRAL TRAIN STATION
NATIONWIDE DEMONSTRATION IN DESSAU
I hadn't realized that they even took away our right to call the most gigantic deportation in the history of humanity by its name. And that only because the slave traders, their descendants and their historians neither at that time nor at the present day used the word deportation or authorised its use to describe their practices.
Rosa Amelia Plumelle-Uribe
The Persecution of a Word
Those familiar with the brutality and horror of the apartheid regime can picture all too well the scenario: a Black man is tied at his hands and feet to a fireproof mattress in a holding cell at a police station. Hours later the man is dead, his body burnt like charcoal, the upper regions of his fingers burnt completely away. The official thesis: suicide.
On the 7th of January, 2005, Oury Jalloh, a human being converted into an eternal refugee, died under exactly these conditions in the city of Dessau, Germany. On that very same day the life of another African was extinguished: Layé Konde, who ten days before had chemicals forced down his throat by the police who were looking for possible drugs, had his life taken from him after not coming out of the coma induced by the police action. The number of police sentenced for the two deaths until today: 0.
Since that time, diverse refugee, migrant and anti-racist organizations have joined together to fight for truth, justice and restitutions. Under the slogan OURY JALLOH DAS WAR MORD, we organized ourselves in the Initiative in Memory of Oury Jalloh.
Our words, however, provoke fear and subsequent persecution on the part of the authorities. According to their logic, without knowing the exact incidents surrounding the events of the 7th of January, it is not a crime to describe the death of Oury Jalloh as self-murder (i.e. suicide), but it is a crime to describe it as a murder.
The power of language, the power of definition is decisive and a fundamental pillar of totalitarian—and colonial—power. It is used to silence opposition and to maintain hegemony over words and thoughts.
We must, however, never forget what past experiences have taught us; how often and ruthlessly genocide was committed so that all traces of the truth would be eliminated together with its victims, such as happened in Europe during the time of Nazi terror and with the separation of mothers from their children during the time of slavery, for example.
But, as the executioners, their descendants and their historians have been forced to repeatedly recognize: no matter how many are killed, no matter how far those in power are willing to go in order to fulfill their objectives, you can never eliminate a collective memory—and no oppression can last forever.
Selective Memory and the Non-Persecution of the Truth
That Justice is a blind goddess
is a thing to which we Blacks are wise:
Her bandage hides two festering sores
that once perhaps were eyes
Aimé Césaire
On the 27th of March, 2007, court proceedings finally began against two of the police officers implicated in the death of Oury Jalloh. Andreas Schubert and Hans-Ulrich März have been accused of negligence in the death of Oury Jalloh. Within the formal accusation presented by the state prosecutor—the only entity allowed to formulate such an accusation in Germany—neither racism nor any other possible cause of death play a role other than the official version: suicide. Likewise, the broken nose and broken middle-ear discovered in the second, independently financed autopsy, are not considered within the trial-based evidence permitted by the court (in other words, these facts are not even considered when the judge is to make his decision).
Until now, the trial has been nothing more than a confirmation of our deepest mistrust. For over two years we have consistently denounced the cover-up and the intentional attempt to win time. As expected, every single police officer or related state employee who has been called as a witness has shown remarkable coincidences between each other: all of them have a perfect memory—except that which involves the death of Oury Jalloh. There is, however, one exception: all seem to remember clearly that Andreas Schubert, accused of negligence for not having reacted in time, was swift in his response of running down into the basement, where Oury Jalloh had been chained down—and burnt to death—to a fireproof mattress.
The issue of racism, however, has remained just as absent from the trial as has any word of truth spoken on the part of the police. On only two occasions was racism made an issue: Once, as an African man was forced out of the courtroom for shouting „What have we ever done to you to deserve this,“ as the racist protocol between Andreas Schubert and the doctor who ordered Oury Jalloh to be chained, Dr. Blödau, was read aloud, and, secondly, as an African man was ordered by the judge to sit as the accused and apologize for his behavior or be accused of allegedly having offended a Nazi-party member.
Additionally, at the middle of May a scandal appeared (and disappeared just as quickly) in the national media: Hans-Christoph Glombitza, acting vice-director of the police in Dessau, was recorded in a conversation with members of the German state security office in which he said, referring to crimes committed by right-wing extremists, that, “one doesn't have to see everything.”
Adding that the federal government programs to combat Nazi crimes and thought were, “really just for the art galleries anyway,” he pointed out that there are ways “to write reports slowly.” Citing a lack of evidence of a crime having been committed, the leading state prosecutor in Dessau, Volker Bittermann, has already refused to open investigations.
For their part, the police have seen the trial as an opportunity to intimidate and persecute members of the Initiative in Memory of Oury Jalloh. At least one hundred police—including dogs—have been set to surround and occupy the court inside and out.
Activists have not only been subject to massive security controls and the photocopying of their identity papers, but also direct persecution, as described above. Additionally, civil-clothed police have tried to control and intimidate members of the Initiative in Memory of Oury Jalloh.
Why we must fight—not just protest or question
My tongue shall serve those miseries which
have no tongue, my voice the liberty of those
who found themselves in the dungeons of despair.
Aimé Césaire
We have neither deceased in our struggle for truth and justice nor in the conviction that only we will decide which words we will use. The fight for truth and justice in the case of Oury Jalloh—like that of Dominique Koumadio, shot to death by the police in Dortmund on April 14, 2006—is a question of survival. The arrogance and lack of human understanding—especially toward non-whites—within the police is exactly that which permits Oury Jalloh to die in such a vile manner. Moreover, the fact that it is so systematic and historic is one of the many reasons why we have and will continue to speak of murder.
This goes far beyond a question of simple protest or questioning official versions of Oury's, Laye's or Dominique's deaths. On the contrary, it is as much a question of self-determination as it is the rage against so much perpetual brutality.
We cannot and will not let ourselves to continue functioning within this murderous normality, accomplices of our own death and persecution. By refusing to speak out and by silencing our own beliefs, we are only contributing further to the duration of our common suffering.
We refuse. We refuse to obey. We refuse to continue being a part of our own oppression. We refuse to remain silent, much less be silenced. That time is over.
MOBILIZE AND COME TO DESSAU ON THE 23RD OF JUNE
ORGANIZE GROUPS IN YOUR CITIES TO ACCOMPANY THE COURT PROCEEDINGS ON SPECIFIC DAYS!
RISE UP AND BREAK THE SILENCE!
For more information contact:
Tel: +(49)170-8788124 or the_voice_goettingen@gmx.de