Zur Ablehnung des Asylantrags von Imam-Jonas Dögüs durch das BAMF
Pressemitteilung
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg entscheidet überraschend über den Asylantrag von Imam-Jonas Dögüs
Der Rostocker Imam-Jonas Dögüs hat seinen vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF in Nürnberg begonnenen Hungerstreik am 25.6.2007 beendet.
Am Vormittag des 27. Juni 2007 lehnte das Bundesamt den Asylantrag von Imam Jonas Dögüs auf erschreckend zynische Weise, mit zum Teil unhaltbaren Begründungen ab. Die Begründung für diesen Negativbescheid hält Dögüs’ Anwalt Thomas Wanie:“... für nicht gerichtsfest und rechtlich nicht durchhaltbar.“ Er hat beim Verwaltungsgericht Schwerin Klage gegen diesen Bescheid eingereicht.
Es erwächst der Eindruck, dass sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit dieser Ablehnung auf schnelle Art und Weise eines „Problems“ entledigt hat. Imam-Jonas Dögüs selbst hält diese Entscheidung für eine politische Entscheidung: „Mir zeigt sich das Bild, dass diejenigen, die zu Recht gegen die Verzögerungstaktik des Bundesamtes protestieren, mit fadenscheinigen Begründungen eine Ablehnung ihres Asylantrages bekommen. Was würde das auch für ein Bild in der Öffentlichkeit abgeben, wenn jemand, der jahrelang auf eine faire und gerechte Entscheidung wartet und immer wieder vertröstet wird und dann den Druck auf das Bundesamt mittels eines Hungerstreiks erhöht, auch noch eine positive Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erhält. Dieses Beispiel durfte auf keinen Fall Schule machen, denn sonst würden vielleicht noch viele andere Wartende vor dem Bundesamt protestieren.“ so Dögüs weiter.
Während ihm am Nachmittag des ersten Tages seines Hungerstreiks von einem Bundesamtsmitarbeiter eine schnelle Bearbeitung seines Falles innerhalb eines Monates versprochen wurde, verkürzte sich die prognostizierte Bearbeitungszeit am Abend des 1.Tages bereits auf zwei Wochen. Am zweiten Tag versuchten Mitarbeiter des Bundesamtes über das Einschalten der Polizei und der Nürnberger Verkehrsbetriebe, sowie Telefonate mit seinem Anwalt Imam-Jonas Dögüs zur Aufgabe seines Hungerstreikes zu bewegen. Nachdem auch das nicht fruchtete, wurde am dritten Tag, nur 40 Stunden nach Beginn seines Protestes, über seinen Antrag mit einer Ablehnung entschieden.
Imam-Jonas Dögüs beendete seinen Hungerstreik, aber der Kampf um eine Anerkennung als politisch verfolgter Flüchtling geht weiter.
Rostock, 29.06.2007
Ökohaus e.V. Rostock
Antirassistische Initiative Rostock
Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Europäisches Bürgerforum
No-Lager-Netzwerk Mecklenburg-Vorpommern
Für Nachfragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Imam-Jonas Dögüs, Telefon 0162/1025828 und
Rechtsanwalt Thomas Wanie 0381/7690543
Hintergrundinformationen:
Herr Dögüs ist Kurde aus der Türkei. Auf Grund seiner politischen Arbeit wird er in der Türkei mehrfach verhaftet und massiv gefoltert.1995 wird er vom türkischen Staatssicherheitsgericht zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Bis Mai 1999 lebt er illegal in der Türkei und muss dann, weil die Situation für ihn immer gefährlicher wird, die Türkei verlassen. In Griechenland wird sein Asylantrag nicht bearbeitet, Herr Dögüs soll in die Türkei abgeschoben werden. Er flieht weiter nach Deutschland und stellt in Deutschland einen Asylantrag. Auf Grund der Drittstaatenregelung wird sein Asylantrag abgelehnt und die Rückschiebung nach Griechenland angeordnet. Aus Angst, von Griechenland direkt in die Türkei abgeschoben zu werden, gewährt im Februar 2000 eine Kirche in Rostock Herrn Dögüs Kirchenasyl. Auf Grund seines schlechten gesundheitlichen Zustands und seiner Reiseunfähigkeit erhält er 2003 eine Duldung. Dennoch droht ihm die Rückschiebung nach Griechenland. Erst nachdem Griechenland im Sommer 2005 dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mitteilt,dass sie Herrn Dögüs nicht wieder aufnehmen werden, fühlt sich Deutschland für die Durchführung des Asylantrages zuständig. Am 06.09.2005 erfolgt in der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Nostorf Horst eine erneute Anhörung zu den Asylgründen von Herrn Dögüs. Am 09.01.2006 fragt der Anwalt von Herrn Dögüs erstmalig beim Bundesamt an, wann mit einer Entscheidung gerechnet werden kann. Weitere Anfragen erfolgen in regelmäßigen Abständen. Im Juli 2006 erfolgt dann die Antwort des Bundesamtes, dass im August 2006 mit einer Entscheidung gerechnet werden kann. Bei einer telefonischen Nachfrage im September 2006 wird durch das Bundesamt eine Entscheidung bis Ende Oktober 2006 angekündigt. Diese Frist wird vom Bundesamt bis Ende 2006 verlängert. Auf die erneute Anfrage des Anwaltes Anfang März 2007 erfolgt keine Antwort. Im April 2007 wendet sich, auf Bitten von Herrn Dögüs, der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V. an die Außenstelle des Bundesamtes in Nostorf/Horst mit der Bitte um Entscheidung. Telefonisch wird vom Bundesamt eine Entscheidung bis zum 15.06.2007angekündigt. Der Termin wird dann noch einmal um eine Woche verlängert. Am 21.06.2007 erfolgt eine erneute telefonische Anfrage durch den Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V. Dieser erhält aber nur die Antwort, dass über das Verfahren noch nicht entschieden wurde. Am 22.06.2007 teilt das Bundesamt Nürnberg dem Anwalt mit: „Angesichts der schon langen Verfahrensdauer bin ich bemüht, umgehend zu entscheiden.“ Herr Dögüs glaubt den Versprechungen des Bundesamtes nicht mehr und will seiner Forderung nach einer Entscheidung über sein Asylverfahren mit dem Hungerstreik Nachdruck verleihen.
Hungerstike stopped!!!
deutsch:
Hi,
über 8 Jahre musste Jonas aus Rostock warten, bis heute nach nur zwei Tagen Hungerstreik über seinen Asylantrag entschieden wurde. Die Entscheidung ist jedoch leider negativ ausgefallen.
Das zentrale Ziel des Hungerstreiks war es, überhaupt einen Bescheid zu erhalten, deswegen hat Jonas heute mittag seinen Hungerstreik beendet.
Er wird euch in einigen Tagen über das weitere Vorgehen informieren - und auch darüber, weshalb sein Antrag abgelehnt wurde.
herzliche Grüße,
NoLager Bremen
english:
Hi,
more than 8 years Jonas from Rostock had to wait until his asylum-case has been decided today - after only two days of hungerstrike. However, the decision was unfortunately negativ.
The central aim of the hungerstrike was to get a decision at all. Therefore Jonas has finished his hungerstrike today at noon.
He will inform you soon about his next steps - this includes informations about the reasons as well why his asylum-application has been rejected.
best wishes,
NoLager Bremen
++++
see information in English below:
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Subject: Hungerstreik gegen Bamf in Nürnberg
From: "Imam-Jonas D"
Date: Sat, June 23, 2007 9:14 am
To: "Imam-Jonas D"
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Liebe Freund/innen,
wie vielen von Euch bekannt ist, lebe ich seit mehr als 8 Jahren in Deutschland. In der Türkei wurde ich wegen meines Engagements und meiner politischen Tätigkeiten mehrmals verhaftet, gefoltert und massiv unter Druck gesetzt. 1995 wurde ich vom türkischen Staatssicherheitsgericht ohne Beweise zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Allein die Vermutung der Ermittlungsbehörden, dass ich Mitglied einer verbotenen Organisation sei, reichte aus, um diese Strafe zu verhängen. Bevor ich die Haftstrafe antreten musste, konnte ich untertauchen und im Mai 1999 gelang es mir auf eine griechische Insel zu fliehen. Hier habe ich versucht einen Asylantrag zu stellen. Unglücklicherweise wurde genau kurz vor diesem Zeitraum der PKK-Führer Öcalan festgenommen. Die Türkei beschuldigte Griechenland die PKK und Öcalan zu unterstützen, so dass die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Länder stark angespannt waren. Die griechischen Behörden haben aus diesem Grund meinen Asylantrag nicht zugelassen, um keine weiteren Spannungen zu provozieren. So kam ich Ende Juni 1999 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag.
Dieser Hintergrund ist dem Bundesamt für gegen Migration und Flüchtlinge (Bamf), dem UNHCR und Amnesty international (ai) bekannt. >>>>>
Im September 1999 lehnte das Bundesamt meinen Asylantrag mit der Begründung ab, dass ich aus einem sicheren Drittstaat gekommen sei. Die Ausländerbehörde Detmold wollte mich nach dieser Entscheidung sofort abschieben ohne mir die Chance zu gewähren in Widerspruch zu gehen. Nun musste ich wieder untertauchen – diesmal in Deutschland. Im Februar 2000 erhielt ich Schutz in der Rostocker Innenstadtgemeinde, die mir Kirchenasyl
gewährte. Dank der Evangelischen Studentengemeinde und Innenstadtgemeinde konnte ich diese schwere Zeit überleben. Erst im Juni 2003 hat die Ausländerbehörde unter Berücksichtigung meines gesundheitlichen Zustands und meiner Reiseunfähigkeit eine Duldung erteilt. Seitdem bin ich ein geduldeter Flüchtling, dem eigentlich aufgrund seiner politischen Verfolgung das Recht auf Asyl zusteht.
Dennoch versuchten die deutschen Behörden mich weiterhin nach Griechenland zurück zu schieben. Im Sommer 2005 haben die griechischen Behörden auf Nachfrage des Bundesamtes geantwortet, dass sie an meiner Aufnahme kein Interesse haben. Nach dem Dubliner Abkommen II wurde damit Deutschland für mein Asylverfahren zuständig.
Im September 2005 fand zum 3. Mal mein Folgeinterview zum Asylverfahren im Bundesamt, Außenstelle Horst, statt. Erst am 20.07.2006, nach mehreren Anfragen und keinerlei Antworten kam ein Schreiben des BAMF, Außenstelle Horst, in dem mir mitgeteilt wurde dass eine Entscheidung über meinen Asylantrag bis Ende August 2006 getroffen wird (siehe Anhang). Bis heute wurde über meinen Asylantrag nicht entschieden. Auch auf mehrere Nachfragen hin, bekam ich weder eine Antwort noch einen Grund genannt, warum über
meinen Asylantrag nicht entschieden wurde.
Mein Fall ist einer von tausend Fällen, die im BAMF auf Eis liegen und ist anscheinend ein Zeichen dafür, dass in Deutschland das Asylrecht faktisch noch weiter eingeschränkt werden soll. Als besonderer Affront gegen Flüchtlinge erscheint mir weiterhin die Praxis der deutschen Behörden, nach der Anerkennung politische Aktivisten aufgrund der türkischen Haftbefehle in Deutschland in Überlieferungshaft zu nehmen – eine weitere Form der schärfsten Repression gegen Flüchtlinge.
Um gegen diese Praxis zu protestieren und auf mein persönliches Schicksal und auf das tausender anderer Menschen, die ohne Asylentscheidung jahrelang in Deutschland leben, hinzuweisen, beginne ich am 25.06.2007 um 15.30 Uhr vor dem Bundesamt für Migration in Nürnberg einen Hungerstreik.
Ich fordere:
Ein faires Asylverfahren für alle Asylbewerber/innen!
Keine Überlieferungshaft für die politisch verfolgten, in der EU anerkannten Flüchtlinge!
Eine sofortige gerechte Entscheidung für meinen Asylantrag beim Bundesamt und die Versprechung des BAMFs, die Bearbeitung aller weiteren Asylanträge nicht zu verzögern!
Für weitere Fragen steht mein Rechtsanwalt Thomas Wanie, Tel.: 0381/769 05 44 zur Verfügung.
Mich könnt ihr/ können sie persönlich über die Handynummer: 0162-102 58 28 erreichen
Mit der Hoffnung auf bessere Zukunft gegrüßt euch Imam-Jonas Dögüs
P.S: Ich brauche dringend Unterstützung vor Ort!
english;
Hi,
today Jonas from Rostock is going to start a hungerstrike in front of the „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ in Nürnberg/Bavaria. Jonas has participated in many actions of the NoLager-Network in the last years. During the G8 he was the person who has registered the flight- and migrationrelated demonstration on Monday 4th of June in Rostock.
Jonas has escaped 8 years ago from Turkey. In Turkey he was sentenced to 15 years prison for his political activities – before his flight he was arrested and tortured several times. Until today the „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ has not decided about his aylum case. Because of political and jurdical pressure the „Bundesamt“ announced last year that they would decide until the end of August 2006. However, nothing has happened since then!!!
After 8 years waiting (including three years church-asylum in Rostock!) Jonas has therefore decided to put more pressure on the authorities. His demands are clear: He asks for a fair asylum-procedure for all refugees. Secondly he demands that refugees who have been already accepted as asylum-seekers shouldn't be deported (as it happens more and more). Thirdly he demands that his aylum case should be decided as soon as possible (in the same way as all open asylum-procedures should be decided immidiately).
Of cours Jonas needs support. Therefore everybody is asked to send fax-letters from tomorrow (Tuesday) to the „Bundesamt“. Below you find a fax letter with more detailed informations about the case of Jonas (sorry, the letter is only in german). Please send your letters to the following Fax-Number:
0911 943-1000
For furhter questions you can either contact his lawyer Thomas Wanie (0381/7690544) oder Jonas himself: 0162/1025828.
Best wishes,
NoLager Bremen
german:
Hallo,
heute wird Jonas aus Rostock einen Hungerstreik vor dem „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ in Nürnberg/Bayern beginnen. Jonas hat an vielen NoLager-Aktionen in den letzten Jahren teilgenomenn. Während des G8-Gipfels war er der Anmelder der flucht- und migrationsbezogenen Demonstration am Montag, den 4. Juni in Rostock.
Vor 8 Jahren ist Jonas aus der Türkei geflohen. In der Türkei war er wegen seiner politischen Aktivitäten zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden – bereits vor seiner Flucht wurde er mehrmals inhaftiert und gefoltert. Bis heute hat das „Bundesamt für Flüchtlinge und Migration“ nicht über seinen Asylantrag entschieden.
Wegen politischen und juristischen Drucks kündigte das Bundesamt letztes Jahr an, dass sein Fall bis Ende August 2006 entschieden würde. Seitdem ist allerdings nichts mehr passiert!!!
Nach 8 Jahre Warten (einschließlich eines dreijährigen Kirchenasyls in Rostock!) hat sich Jonas deshalb entschieden, mehr Druck auf die Behörden auszuüben. Seine Forderungen sind klar: Er fordert erstens ein faires Asylverfahren für alle Flüchtlinge. Zweitens fordert er, dass Flüchtlinge, die bereits als Asylbewerber/innen anerkannt wurden, nicht wieder abgeschoben werden (wie es mehr und mehr passiert). Drittens fordert er, dass sein eigenes Asylverfahren so schnell wie möglich entschieden wird (so wie alle noch offenen Asylverfahren schnell zu einem Abschluss gebracht werden sollen).
Natürlich braucht Jonas Unterstüzung. Deshalb sind alle gebeten, ab morgen (Dienstag) Protest-Faxe an das „Bundesamt“ zu schicken. Weiter unten findet ihr einen Brief mit näheren Informationen zu dem Fall von Jonas. Bitte sendet eure Briefe an die folgende Fax-Nummer:
0911 943-1000
Für weitere Fragen könnt ihr entweder seinen Anwalt Thomas Wanie kontaktieren (0381/7690544) oder Jonas selbst: 0162/1025828.
Herzliche Grüße,
NoLager Bremen