OTZ Presse: Katzhütter Flüchtlingsheim in der Kritik
https://thevoiceforum.org/node/702
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Flüchtlinge fordern Heimschließung
Asylbewerber im thüringischen Katzhütte protestieren gegen katastrophale Zustände in ihrer Unterkunft
Von Jana Frielinghaus
" Doch die Betroffenen wollen nicht mehr von aller Welt abgeschnitten leben. Und sie wollen weiter an die Öffentlichkeit gehen. Für den 11. März, 11.30 Uhr, haben sie die Bewohner von Katzhütte, den Ortsbürgermeister und regionale Pressevertreter eingeladen. Die Heimleitung arbeite mit allen Kräften daran, Pressevertretern den Zutritt zu den Unterkünften zu verweigern, sagt Sbaih. So sei ein Team des MDR
diese Woche nicht in die Räumlichkeiten gelassen worden. »Aber wir sind keine Gefangenen und haben ein Recht, Leute hierher einzuladen.« ………JW:03.03.2008 http://www.jungewelt.de/2008/03-03/045.php
-OTZ Presse: Katzhütter Flüchtlingsheim in der Kritik https://thevoiceforum.org/node/702
Zustände wie die in der »Sammelunterkunft« für Flüchtlinge im thüringischen Örtchen Katzhütte sind kein Einzelfall. Ungewöhnlich ist die Entschlossenheit, mit der die Bewohner des dortigen Asylbewerberheims derzeit öffentlich gegen ihre entwürdigende Unterbringung protestieren – und dabei auch den Kontakt zu den Anwohnern suchen. Unterstützt von der bundesweit agierenden Gruppe The Voice – Refugee Forum, in der sich Flüchtlinge selbst organisiert haben, und vom Thüringer Flüchtlingsrat
haben sie jetzt eine Schließung des Heims gefordert. Auch die Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, sprach sich für die schnellstmögliche Schließung und die Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen aus.
Gründe zur Klage gibt es genug: Feuchtigkeit und Schimmelbildung in den Unterkünften, Schikanen bei der Bereitstellung von Toilettenartikeln, Beschimpfungen und Bestrafungen seitens der Heimleiterin. Mohammed Sbaih hat die Beschwerden der Bewohner mit Hilfe von The Voice öffentlich gemacht. »Wir werden hier wie Kriminelle behandelt«, sagte der 40jährige Palästinenser am Freitag gegenüber jW. Die derzeit 88 Menschen, unter ihnen 14 Kinder und fünf Jugendliche, sind in Baracken untergebracht.
Warmwasser, sagt Sbaih, gebe es nur von acht bis 17 Uhr. In ihrer gemeinsamen Erklärung unter dem Titel »Wir wollen dieses miserable Heim schließen« beschreiben dessen Bewohner die herrschenden Zustände: Zu den Duschen müssen sie 300 Meter durch die Kälte laufen, viele, insbesondere die Kinder, seien deshalb dauernd krank. Das Heim liege völlig isoliert. Für einen Teil der Bewohner wird die Sozialhilfe seit Januar zudem nur noch in Gutscheinen ausgezahlt, mit denen sie nur in einem teuren
Supermarkt vor Ort einkaufen können.
Auf die Erklärung der Flüchtlinge hin gab sich die zuständige Behörde im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt zunächst überrascht. Erst vor vier Wochen habe der zuständige Fachbereichsleiter die Unterkunft besucht, ohne daß Kritik seitens der Bewohner vorgebracht worden sei. Nach einem Ortstermin am Dienstag sagte Landrätin Marion Philipp (SPD) jedoch kurzfristige Verbesserungen des baulichen Zustandes des Heimes zu. Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Thüringen als Eigentümerin der
Liegenschaft habe sofort 3000 Euro zur Verfügung gestellt, um die Wärmedämmung an den Bungalows zu verbessern. Eine Schließung des Heims steht für den Landkreis nicht zur Debatte, erklärte die Landrätin.
Doch die Betroffenen wollen nicht mehr von aller Welt abgeschnitten leben. Und sie wollen weiter an die Öffentlichkeit gehen. Für den 11. März, 11.30 Uhr, haben sie die Bewohner von Katzhütte, den Ortsbürgermeister und regionale Pressevertreter eingeladen. Die Heimleitung arbeite mit allen Kräften daran, Pressevertretern den Zutritt zu den Unterkünften zu verweigern, sagt Sbaih. So sei ein Team des MDR diese Woche nicht in die Räumlichkeiten gelassen worden. »Aber wir sind keine Gefangenen und haben ein Recht, Leute hierher einzuladen.«
Peter Lahann, Pressesprecher des Landratsamtes, bezichtigte die Flüchtlinge unterdessen indirekt der Lüge. Im Zusammenhang mit dem Schimmel sprach er von »unzureichender Belüftung«. Auch sei es nicht korrekt, daß die Heimleitung ab 17 Uhr das warme Wasser abstelle, sagt er der Zeitung Das Freie Wort. Die Wassertemperatur werde lediglich zwischen 21 Uhr und 5 Uhr »geringfügig gedrosselt«. Auch bekämen die Bewohner bis auf wenige Ausnahmen »in der Regel« monatlich rund 60 Euro Bargeld ausgezahlt.
Insgesamt leben in dem Landkreis derzeit 230 Flüchtlinge, die meisten dezentral in Wohnungen. Nach Angaben der Kreisverwaltung ist das Asylverfahren bei 61 der 88 »Katzhütter« bereits abgeschlossen – ihre Anträge auf Asyl seien abgelehnt worden. Das heißt, daß den meisten die Abschiebung droht. Mit der Veröffentlichung dieser Daten will die Behörde offenbar andeuten, daß sich das Problem demnächst quasi von selbst löst.
Die Erklärung der Heimbewohner im Internet: thevoiceforum.org/node/704