Update: Aufruf zur Demonstration gegen Isolationslager und Residenzpflicht
BREMEN taz | Für Miloud L. Cherif ist die Sache klar: "Ich werde auf keinen Fall ein Bußgeld zahlen", sagt der junge Algerier. Denn damit würde er "anerkennen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das habe ich aber nicht."
video:
Miloud L. Cherif fights to Break the Isolation of Refugees in Germany from Zella-Mehlis http://vimeo.com/26082271
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Residenzpflicht in Thüringen - Bis zur Kreisstadt und dann stopp!
Thüringen hat die Bestimmungen für Asylbewerber verändert. Mehr Bewegungsfreiheit gibt es aber kaum: Die große Koalition hob die schikanöse Regelung nicht auf.von CHRISTIAN JAKOB
Asylbewerber und Geduldete dürfen nun ohne Erlaubnis in die Nachbarlandkreise und eine kreisfreie Stadt. Weiter nicht. Bild: Flüchtlingsrat Thüringern e.V.
BREMEN taz | Für Miloud Cherif ist die Sache klar: "Ich werde auf keinen Fall ein Bußgeld zahlen", sagt der junge Algerier. Denn damit würde er "anerkennen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Das habe ich aber nicht."
68 Euro soll der 26-jährige Asylbewerber aus Zella-Mehlis in Thüringen bezahlen, weil er im vergangenen November mit dem Zug nach Berlin gereist ist. Auf dem Erfurter Bahnhof kontrollierte ihn die Polizei und stellte fest, dass er den ihm zugewiesenen Landkreis Schmalkalden verlassen hatte.
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Und das ist ein Verstoß gegen die sogenannte Residenzpflicht. Diese europaweit einmalige Regelung verbietet Asylbewerbern und Geduldeten, sich innerhalb Deutschlands frei zu bewegen. Selbst kurze Besuche sind nur mit einer kostenpflichtigen Erlaubnis möglich.
Seit diesem Monat gilt nun in Thüringen eine neue Residenzpflichtverordnung. Doch geschaffen wurde nur eine umständliche neue Verbotslandschaft. Mehr Bewegungsfreiheit bietet sie kaum: Asylbewerber und Geduldete dürfen nun ohne Erlaubnis auch in die Nachbarlandkreise und eine kreisfreie Stadt. Weiter nicht.
Thüringer Flüchtlingsrat ist entsetzt
2009 hatte die an der großen Koalition beteiligte Thüringer SPD in ihr Regierungsprogramm anderes geschrieben. "Die Residenzpflicht weiten wir auf ganz Thüringen aus", heißt es dort. Brandenburg hatte es 2009 vorgemacht. Doch der christdemokratische Koalitionspartner stellte sich quer. "Wir konnten das gegen die CDU nicht durchsetzen," sagt die SPD-Abgeordnete Regine Kanis. "Zufrieden sind wir damit nicht."
Dass die SPD die Lösung mit den Nachbarlandkreisen "durchgewunken" habe, sei "einfach nur peinlich", sagt Ellen Köneker vom Thüringer Flüchtlingsrat. Der hat der Partei dafür den "Preis für die größtmögliche Gemeinheit" verliehen.
Das CDU-geführte Innenministerium verteidigt die Linie: "Das liegt in unserem Gestaltungsermessen, und wir haben das so festgelegt," sagt ein Sprecher des Innenministeriums. "Es muss den Behörden möglich sein, die Leute kurzfristig zu erreichen." Das sei bei einem "größeren Gebiet ein größerer Aufwand." Köneker hält das für ein vorgeschobenes Argument: "Das entbehrt jeglicher Grundlage", sagt sie. "Auch alle Deutschen müssen für die Behörden erreichbar sein. Die Meldepflicht und eine ladungsfähige Anschrift reichen dazu vollkommen aus."
Für Osaren Igbinoba von der Flüchtlingsorganisation The Voice aus Jena ist die neue Regelung "genauso rassistisch wie die alte". Seit Jahren kämpft The Voice gegen die Auflagen. 2009 starteten sie eine große Kampagne für den Kameruner Felix Otto. Der sollte neun Monate ins Gefängnis in Erfurt, weil er wiederholt gegen die Residenzpflicht verstoßen hatte. Auch auf Grundlage der neuen Verordnung werde die Polizei in Thüringen vor allem Schwarze auf Straßen und an Bahnhöfen kontrollieren, sagt Igbinoba. "Wir halten auch nichts davon, das auf das ganze Bundesland auszuweiten. Dieses Gesetz muss komplett abgeschafft werden."
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Miloud Cherif wartet indes den Ausgang seines Verfahrens ab. Seit einigen Monaten hat ihm die Ausländerbehörde das Taschengeld gestrichen. Er lebt nun allein von Gutscheinen im Wert von 126 Euro. Zahlen würde er aber auch nicht, wenn er mehr hätte. "Zur Not gehe ich auch ins Gefängnis", sagt er. "Jeder Deutsche darf herumreisen - warum ich nicht?"
27.07.2011
http://taz.de/Residenzpflicht-in-Thueringen/!75173
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http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tim/abteilung2/referat24/17…
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Medieninformation 49/2011
Bundesrat lockert Residenzpflicht für Asylsuchende
Heute passierte das "Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften" den Bundesrat. Durch eine Änderung des § 58 Abs. 6 Asylverfahrensgesetz wird den Bundesländern ermöglicht, künftig den Aufenthaltsbereich der Asylbewerber/innen auch auf das ganze Land zu erstrecken.
„Gut, dass nunmehr unmissverständlich rechtlich klargestellt ist, dass die Länder die strenge Residenzpflicht landesweit oder sogar länderübergreifend lockern dürfen“, begrüßt Justizminister Holger Poppenhäger die Neuregelung. „Auch Thüringen hat damit einen rechtssicher erweiterten Gestaltungsspielraum, nun die Gebiete großzügiger zu bestimmen, in denen Asylbewerber/innen und geduldete Ausländer/innen ohne Erlaubnis sich vorübergehend aufhalten dürfen, um ihnen damit ein großes Stück mehr an Lebensqualität zuzubilligen.“
Im Thüringer Koalitionsvertrag ist festgelegt, die geltende Residenzpflicht für Asylbewerber im räumlichen Bezug zu erweitern. Der Justizminister hatte sich in der Vergangenheit dafür eingesetzt, Asylbewerbern/innen wenn schon nicht landesweit, so doch jedenfalls innerhalb der vier Thüringer Planungsregionen unter Einbeziehung der Stadt Erfurt oder der Stadt Jena ein Mehr an Bewegungsfreiheit einzuräumen. Er sieht sich in dieser Position durch die Evangelische Kirche Mitteldeutschland bestätigt. Die Landesregierung ist nun aufgerufen, die Koalitionsvereinbarung umzusetzen.
„Es ist mir wichtig, dass wir für Thüringen eine Lösung finden, die die neue rechtliche Klarstellung einbezieht und die für die Asylbewerberinnen und Asylbewerber auch praktikabel ist. Die neuen Aufenthaltsbezirke müssen in ihren Grenzen so anwendungsfreundlich sein, dass es nicht unbewusst zu Verstößen kommt“, so Poppenhäger. Er möchte eine humane Neuregelung, die den Bedürfnissen nach Kontaktpflege, Religionsausübungen, kulturellem Austausch, Schule und Arbeit gerecht wird.
Hintergrund zur bisherigen Rechtslage
Das Asylverfahrensgesetz regelt, dass Asylbewerber, die nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu leben, lediglich eine räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkte Aufenthaltsgestaltung für die Dauer ihres Asylanerkennungsverfahrens besitzen. Diese Regelung gilt in Thüringen auch für abgelehnte Asylbewerber, deren Aufenthalt geduldet wird. Den Aufenthaltsbereich dürfen die betroffenen Ausländer/innen nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde zur Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten und nur vorübergehend verlassen. Darüber hinaus können, um den örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, die Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen, dass sich Asylbewerber/innen ohne Erlaubnis vorübergehend in einem die Bezirke mehrerer Ausländerbehörden umfassenden Gebiete aufhalten dürfen; durch die Änderung des § 58 Abs. 6 Asylverfahrensgesetz wird nun klargestellt, dass dies auch das ganze Land sein kann.
In Thüringen ist die Residenzpflicht bislang auf die den jeweiligen Landkreis bzw. die kreisfreie Städte beschränkt (17 Landkreise, 6 kreisfreie Städte). Die Thüringer Planungsregionen sind: Nordthüringen (Landkreise Eichsfeld, Kyffhäuserkreis, Nordhausen und Unstrut-Hainich), Mittelthüringen (Landkreise Gotha, Ilmkreis, Sömmerda, Weimar-Land und die kreisfreien Städte Erfurt und Weimar), Ostthüringen (Landkreise Altenburg, Saale-Holzland, Greiz, Saale-Orla, Saalfeld-Rudolstadt und die kreisfreien Städte Gera und Jena) und Südthüringen (Landkreise Hildburghausen, Schmalkalden-Meiningen, Sonneberg, Wartburgkreis und die kreisfreien Städte Eisenach und Suhl).
Bundesweit gibt es seit längerem den Trend, großzügigere Aufenthaltsbezirke zu bilden. Die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sowie Saarland, Brandenburg und Schleswig-Holstein gestalten bereits einen landesweiten Aufenthalt. Die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben fixe Großbereiche benannt, die meist schon wesentlich größer sind, als die vier Planungsregionen und meist bevölkerungsreicher sind, als ganz Thüringen. Alle diese Länder machen - anders als Thüringen - bereits jetzt von der Ermächtigung nach § 58 Abs. 6 AsylVfG Gebrauch.
Im Oktober 2010 hat die Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften vorgelegt. Nach der heutigen Verabschiedung durch den Bundesrat kann das Gesetz nun in Kraft treten.
15.04.2011
Thüringer Landeswappen
Thüringer Justizministerium
Der Pressesprecher
http://www.thueringen.de/de/homepage/presse/54775/
Seite erzeugt am: 15.04.2011, 13:34
Seite geändert am: 19.04.2011, 09:16
http://www.thueringer-landtag.de/imperia/md/content/landtag/plenum/arbe…
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