Prozess gewonnen, die Gebühren bleiben
23. Dezember 2012
Das Verwaltungsgericht Berlin entschied am 18. Dezember, dass die Ausländerbehörde in einem Fall Gebühren für einen Urlaubsschein zu Unrecht erhoben hatte. Die Behörde wird wahrscheinlich ihre Praxis so anpassen, dass sie auch in Zukunft Gebühren erheben kann.
Schlau kommt weiter. Das meint zumindest die Ausländerbehörde Berlin, die unbedingt an Gebühren für Verlassenserlaubnisse festhalten will. Zwar erfolge die Erteilung der Verlassenserlaubnis gebührenfrei, wenn der Betroffene aber eine Bescheinigung zur Verlassenserlaubnis beantragt, verlangt die Ausländerbehörde eine Gebühr von 10 Euro. Notwendig sei eine solche Bescheinigung nicht, es genüge die mündliche Erteilung der Verlassenserlaubnis, denn:
Anderen Behörden und der Polizei dürfte bekannt sein, dass Verlassenserlaubnisse in Berlin praktisch ausnahmslos erteilt werden. Das Fehlen einer Bescheinigung stellt weder eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat dar. (Drs. 17/10505)
Im verhandelten Fall, bei dem ein afghanischer Flüchtling im Februar 2012 einen Urlaubsschein für Hamburg beantragt hatte, war die Ausländerbehörde von ihrer postulierten Praxis abgewichen. Dem Betroffenen wurde nicht gesagt, dass er die Gebühr nur für die Bescheinigung zahlen müsse. Daher hob das Gericht den Gebührenbescheid auf, entschied aber nicht über die weltfremde Praxis der kostenlosen Erteilung mit kostenpflichtiger Bescheinigung.
Es ist zu befürchten, dass die Berliner Ausländerbehörde in Zukunft die Betroffenen einfach fragt, ob sie eine Bescheinigung möchten, und dann weiter Gebühren erhebt. Der Prozess wurde gewonnen, in der Sache ist jedoch nichts gewonnen.
Residenzpflicht: Gebühren für Verlassenserlaubnisse vor Gericht in Berlin
Dienstag, 18.12.2012
10.00 Uhr
Verwaltungsgericht Berlin
19. Kammer
Kirchstraße 7, 10557 Berlin
In anderen Bundesländern wurden sie nie erhoben, in vielen wurden sie abgeschafft, Berlin jedoch hält an ihnen fest: Gebühren für Verlassenserlaubnisse. Ein Flüchtling hat dagegen geklagt, sein Fall kommt nun vors Verwaltungsgericht Berlin. Das Urteil könnte richtungsweisend werden.
Im Oktober 2011 hatte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg geurteilt, dass es keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für Verlassenserlaubnisse gäbe. Das Urteil hatte eine bundesweite Wirkung, eine Reihe von Bundesländern verzichtete auf die rechtswidrigen Gebühren, nicht jedoch Berlin. Hier erhebt die Ausländerbehörde von Geduldeten bei Reisen in andere Bundesländer als Brandenburg eine Gebühr von 10 Euro. Die Begründung ist eine Spitzfindigkeit: Die Erteilung der Verlassenserlaubnis sei ein Verwaltungsakt und damit gebührenfrei. Würde der Flüchtling jedoch noch eine Bescheinigung beantragen, müsse bezahlt werden.
Nun dürfte eine nur mündlich erteilte Verlassenserlaubnis bei einer Polizeikontrolle wenig nützen, eine Auffassung, die der Berliner Innensenat nicht teilt. Alle Polizist/innen Deutschlands wüssten, dass Berlin in seiner Großzügigkeit Verlassenserlaubnisse grundsätzlich immer erteile:
»Anderen Behörden und der Polizei dürfte bekannt sein, dass Verlassenserlaubnisse in Berlin praktisch ausnahmslos erteilt werden. Das Fehlen einer Bescheinigung über die erteilte Verlassenserlaubnis stellt weder eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat dar. Möchte der/die Betroffene, die erteilte Verlassenserlaubnis gegenüber Polizeibehörden oder anderen Stellen dokumentieren, so ist der/die Betroffene nach Auffassung des Senats für diesen Aufwand zu Recht gebührenpflichtig.« (Antwort des Innensenats vom 8. Juni 2012, Drs. 17/10505)
Man muss also nur sagen: »Ich komme aus Berlin«, und schon ist der nette Polizist in Garmisch-Partenkirchen beruhigt und lässt einen gehen. Ob dies das Verwaltungsgericht genauso sieht, wird sich zeigen.
http://www.residenzpflicht.info/prozesse/gebuhren-vor-gericht/
»Weil das Gesetz Menschenrechten widerspricht« Flüchtling verweigert Strafzahlung wegen Mißachtung der Residenzpflicht
https://thevoiceforum.org/node/2992