Am 15. Oktober 2012, einige Tage nach dem Ankunft des Flüchtlingsprotestmarsch von Würzburg nach Berlin, haben Flüchtlinge und Aktivisten die Nigerianische Botschaft erreicht um wieder Aufmersamkeit auf die Kollaboration und die Geschäfte der Nigerianische Botschaft mit der Ausländerbehörde bei der Erteilung von Ausreisepässe - "Travel Certificates" - zu schaffen und den Stopp der Praxis der mobile Botschaftanhörungen zu fordern.
Diese Praxis ist spätestens seit 2006 bekannt. Die Nigerianische Botschaft organisiert in Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde in verschiedenen Städten in Deutschland zentrale Sammelanhörungen, um die Identität von Flüchtlingen als Nigerianer/innen schnell festzustellen und Pass-Ersatzpapiere zu erteilen, um ihre Abschiebung nach Nigeria zu ermöglichen. Für jede dieser "Travel Certificates" werden von der Ausländerbehörde zwischen 250 und 500 Euro bezahlt. Im Jahr 2009 z.B. die Hälfte aller Abschiebungen von Deutschland wurden nach Nigeria ausgeführt. Zahlreiche Fälle sind bis heute bekannt geworden wo Leute aus verschiedenen afrikanische Länder - Gambia, Liberia, Sierra Leone, Uganda - nach Nigeria abgeschoben wurden wegen dieser Abschiebegeschäfte. Schon von 9. bis 11. Mai 2012 wurden durch The VOICE Refugee Forum und die Karawane für die Rechte von Geflüchteten und Migrant_innen in Deutschland Aktionstage des Protestes gegen die Abschiebekollaboration der Botschaften von Nigeria und Guinea organisiert und durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurde auch versucht in einem offenen Brief an den Präsidenten Nigerias zu appellieren, die unmenschliche Abschiebepraxis seitens des nigerianischen Staates nicht länger zu unterstützen.
Aus der Pressemitteilung von The VOICE Refugee Forum vom 8. Mai 2012:
„Die Flüchtlingsselbstorganisation „The VOICE Refugee Forum“ organisiert mit der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“ und anderen migrantischen und antirassistischen Gruppen vom 9. bis 11. Mai in Berlin Aktionstage gegen die Zusammenarbeit zwischen Botschaften und deutschen Behörden bei Abschiebungen. Die Botschaften von Nigeria und Guinea stehen wegen korrupter Praktiken und fragwürdiger Identitätsfeststellungen bei der Ausstellung von Reisedokumenten für Abschiebungen im Fokus des Protests. Zahlreiche Flüchtlinge werden u.a. aus Lagern in Baden Württemberg, Bayern, Thüringen, Niedersachsen und Sachsen Anhalt anreisen. Die Tage vom 9 - 11 Mai in Berlin sollen auch genutzt werden, die Rolle der EU-Grenzschutzagentur Frontex bei Massenabschiebungen zu skandalisieren. Mehrere tausend Menschen wurden mit international koordinierten Frontex-Sammelcharterflügen nach Nigeria abgeschoben. Im Januar 2012 schloss Nigeria mit Frontex in einen neuen Kooperationsvertrag für Rückführungsoperationen."
An dem Tag - 15. Oktober 2012 - nachdem die Nigerianischen Botschafts-Funktionäre ungefähr für 2 Stunden verweigert hatten ,der Forderung der Flüchtlingsaktivisten zuzuhören, ist die deutsche Polizei in der Botschaft eingebrochen und hat alle festgenommen. Zwischendurch ist in Solidarität außerhalb der Botschaft auf der Neue Jackobstrasse eine Spontandemonstration von Flüchtlinge und Aktivisten aus Oranienplatz Protestcamp gekommen. Die Demo wurde mit unangemessene Nutzung von Gewalt von der Polizei reprimiert. Insgesamt 25 Personen wurden an diesem Tag festgenommen. Am Abend hat noch eine spontan Demonstration mit ungefähr 800/1000 Leute aus Oranienplatz Tempelhof erreicht um die Befreiung der festgenommene Aktivisten zu fordern. Einige von diesen Flüchtlingsaktivisten haben, wahrend der circa 9 Stunden in Gewahrsam, brutale und erniedrigende Behandlung von der Polizei erlittet.
RBB: „RBB Abendschau 15.10.2012: Botschaft Nigerias besetzt“ (2.12 min, vom 16.10.2012) - http://www.youtube.com/watch?v=EYDUY2Y3iFM
ZDF: „Frontal 21 vom 23.10.2012 – Besetzung der Nigerianischen Botschaft und Abschiebung von Roma aus Berlin“ (6.46 min, vom 23.10.2012) - http://www.youtube.com/watch?v=_ustTvONQ0A
Es ist mir wichtig die legitime Motivation von diesem Protest auch in dieser Verhandlung in den Vordergrund zu setzen und Aufmerskamkeit auf die Geschäfte die hinter der Abschiebung stehen in einer Produktionskette zwischen: Frontex, Ausländerbehörde, Botschäfte, Abschiebehaft und Fluggesellschaften.Wir werden lange genug leben um das Ende der Abschiebepraxis der zu sehen, um sie definitiv zurückzuschicken woher sie kommt: in die koloniale Vergangenheit.
Kein Gesetz oder Staatsführungsgrund kann sie legitimieren: Abschiebung ist ein Verbrechen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Berlin den 3. Juli 2013
Claudio Feliziani