Hier ein Kommentar von VOICE Jena zur regionalen Berichterstattung in „Freies Wort“
Zunächst einmal das `Original´ von Herrn Matthias Thüsing, der das Ende unserer Veranstaltung am 11.03.2008 in Katzhütte aus lauter Protest gar nicht mehr miterleben wollte!
Dafür besticht er eher mit detailgetreuer Sachkenntnis der `offiziellen´ Sicht auf die Dinge!
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Erschienen am 12.03.2008 00:00
http://www.freies-wort.de/nachrichten/thueringen/seite2thueringenfw/art…
Flüchtlingspolitik
Dialog im Asylantenheim
Mit zweifelhaften Methoden für eine bessere Integration
Von Redaktionsmitglied Matthias Thüsing –
Katzhütte – Jörg Fischer spricht vom „Dialog“.
Er spricht von „Angeboten“, die das Landratsamt den Flüchtlingen in der Gemeinschaftsunterkunft am Rande von Katzhütte machen möchte. Fischer ist nicht blind für die Probleme in der Einrichtung. Seit Ende Februar sind sie in die breite Öffentlichkeit gerückt.
Unterstützt vom Flüchtlingshilfe-Netzwerk The Voice haben 20 von 88 Heimbewohner gegen die
„miserablen Umstände der Unterbringung in Katzhütte“ öffentlich protestiert. Fischer stellt sich der Diskussion. Aber er bittet auch die Zuständigkeiten zu beachten. „Wir halten uns an die gesetzlichen Regelungen und wir wollen die Spielräume maximal nutzen“, verspricht er.
Er hat einen klaren Blick für die Lage und Nöte der 88 Heimbewohner. Schließlich ist Fischer der zuständige Fachbereichsleiter für Jugend und Soziales im Saalfelder Landratsamt.
Doch Fischers Botschaft kommt nicht an beim Großteil der etwa 30 Flüchtlinge in dem kleinen Versammlungssaal auf dem Heim-Gelände. Denn die Aktivisten von The Voice – einer Flüchtlings-Selbsthilfe-Organisation – übersetzen seine Angebote an die Menschen nicht ins Deutsche.
Mehrfach fallen sie ihm ins Wort, fordern stattdessen einen weiteren Flüchtling auf, von seinem Schicksal zu erzählen. Pressekonferenz nennt sich das seltsame Schauspiel.
„Schließen sie dieses Heim, so wie andere Heime in Thüringen auf unseren öffentlichen Druck hin geschlossen wurden“, fordert Osarim, ein weiterer Voice-Aktivist: „Flüchtlinge sind die am meisten unterdrückten Menschen in Deutschland.“ Osarim spricht Englisch. Seine politischen Forderungen werden ins Deutsche übersetzt.
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Klagen über die Lebensbedingungen
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Vorne auf dem improvisierten Podium sitzt Mohammed Sbaih. Er ist Sprecher der Flüchtlinge in Katzhütte. Der 40-Jährige umreißt die Probleme der Heimbewohner. „Wir leben hier isoliert. Die Verkehrsanbindungen von und nach Katzhütte sind schlecht.“ Weil die Sozialhilfe nur in Lebensmittelgutscheinen ausbezahlt werde, könne er sich Zugtickets gar nicht leisten. Er spricht von Schimmel in den Unterkünften. Von mangelnden Möglichkeiten für die Kinder zum Spielen.
Manche Forderungen sind berechtigt, andere weist Peter Lahann, Pressesprecher im Landratsamt zurück. „Tatsächlich sorgt das Auftreten von Schimmel in einem der Bungalows seit längerer Zeit für Unmut“, gibt Peter Lahann zu. Trotz Umbauten sei es aufgrund unzureichender Belüftung immer wieder zu einer hohen Luftfeuchte gekommen, die das Auftreten von Schimmel begünstige.
Den Vorwurf um die unzureichende finanzielle Unterstützung der Bewohner von Katzhütte weist er dagegen zurück. Flüchtlinge bekämen in der Regel monatlich rund 60 Euro Bargeld ausgezahlt, zusätzlich würden für rund 106 Euro Gutscheine ausgereicht.
Den Bewohnern selbst ist kein Vorwurf zu machen: In die schlecht gedämmten Unterkünften aus DDR-Zeiten würde kein Deutscher freiwillig einziehen. Schon gar nicht auf Dauer. Doch menschenunwürdig sind die Holzbauten auch nicht. Mehrfach haben Behörden die Einrichtung in den vergangenen Wochen auf Herz und Nieren prüfen lassen. Das Fazit: Nicht schön, aber
Gesetzeslage!
Neben Mohammed Sbaih auf dem Podium durfte auch eine irakische Mutter berichten, sie lebe hier bereits seit fast sechs Jahren, lautet die von The Voice arrangierte Übersetzung aus dem Arabischen. „Warum?“, fragt die Frau. Vielleicht liegt es ja einfach nur am Dolmetscher. Denn die Behörden
haben die Familie nicht vor fünf, sondern erst im Frühjahr vergangenen Jahres in Katzhütte eingewiesen.
Bewusste Strategie oder peinlicher Übersetzungsfehler ? Werden hier das Schicksal und die Anliegen von Flüchtlingen missbraucht für politische Forderungen nach einer anderen Flüchtlingspolitik ? Den Katzhütter Heimbewohnern hilft ein Streit um die große politische Linie nicht. Im Gegenteil: Geflohen vor Kriegswirren, Despoten oder Armut, vertrauen sie sich einem Netzwerk an, dass jedenfalls gestern in Katzhütte echtes Interesse am Einzelfall nicht hat. Nicht einmal die Angebote für einen Dialog werden in die Sprache der Heimbewohner übersetzt.
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Antwort von VOICE-Mitglied Thomas Ndindah
Die Angebote des Herrn Fischer auf die Forderungen der betroffenen Flüchtlinge im Katzhütter „Heim“ basieren auf der völlig notfreien Basis, dass das zuständige Amt des Landkreises Saalfeld/Rudolstadt unbedingt auf einer fortgesetzten Unterbringung im fraglichen Objekt festhalten will! Die nicht einmal in Abrede gestellten „Probleme ... seien zwar erkannt“ - lediglich die NOT-wendigen Konsequenzen sollen mit Verweis auf übergeordnet „geltendes Recht(?)“ möglichst vermieden werden!
Die „Blindheit“ der Schreibtischtäter steht also nicht für die Erkenntnis bestehender („gesetzeslage“nkonformer?) Misstände, sondern vielmehr für eine bürokratische Mentalität, dass Schwarzschimmel in mangelhaft isolierten Feuchtbiotopen jahrelang zumutbar sein muss – zumindestens dann, wenn Menschsein nicht mit einer deutschen Aufenthaltserlaubnis verbunden ist!
Die „Zuständigkeit“ des Herrn Fischer betrifft die Situation vor Ort ... und seine Einschätzung, dass die bestehenden „Probleme“ im baulichen Sinne sanierbar seien bezeugt eher eine maximal gewollte, gemeinschafliche Inkompetenz der handelnden Behörden in Bezug auf ihre Aufsichtspflichten für Gesundheit und Würde der ihnen anvertrauten Menschen als einen „klaren Blick für (deren) Lage und Nöte“! Welche „Spielräume“, sollen hier auf wessen Kosten maximal (ge)nutzt“ werden?
Fischer ist „zuständig ... für Soziales und Jugend“ (und das sogar „schließlich“!)... und wenn er wirklich einen übersetzbaren „Dialog“ anbieten wollte – wo war dann sein Übersetzer ... und zwar nicht nur „ins Deutsche“ (wie von Ihnen vorgeschlagen!), sondern vor allem in alle Muttersprachen vor Ort?
Das „Schauspiel“ inszeniert sich selbst und alle – wie auch immer berechtigten – Einwürfe werden nicht zuletzt als `Störung´ empfunden. Der Protagonist des VOICE Refugee Forums in Jena heisst Osaren Igbinoba, ist selbst ein Deutschland-erfahrener Flüchtling und verdient es in keinster Weise von Ihnen öffentlich nur mit dem noch dazu falschem Vornamen tituliert zu werden, eben weil die von ihm formulierten Aussagen den beredten `Kern´ des Systems beim Namen nennen – und es nur Rechtens ist, wenn eine Initiative ihre ureigensten Forderungen für die (wie Sie – Sie aber leider ja nur nur zeitweise) anwesende Presse in die Amtssprache übersetzt!
Der Umstand, dass sich asylsuchende Flüchtlinge im Fluchtland Ihrer Wahl über die erlebte Behandlung beschweren mag in manchen Kreisen als ein gern benutztes Argument für Mängel in der fremdländischen Dankbarkeitskultur herhalten – aber hier geht es um Zustände die Menschen in Deutschland mit der Begründung gesetzlicher Flüchtlingspolitik aufgenötigt werden, die mit der hierzulande möglichen Menschenwürde grund(und anderweitig ge-)setzlich nicht vereinbar sind.
Da wird eine unsägliche Verbindung zwischen objektiven alters- und konstruktionsbedingte Mängeln in der Bausubstanz und deren konzeptionellen Raumaufteilung mit einer `verhaltensbedingten Teilschuld´ der Betroffenen selbst hergestellt, die (entfernt?) an den Minirock weiblicher Vergewaltigungsopfer erinnert ... und natürlich war das auch hier fragwürdige Motiv menschlich nie so gemein(t).
Unter den weiterführenden Forderungen der Flüchtlinge zur Gewährleistung eines weitgehend selbstbestimmten Lebens unter Fluchtbedingungen werden vor allen anderen Dingen die Anerkennung von gesellschaftlich festgestellten finanziellen Armutsgrenzen menschlichen Lebens in Deutschland einschliesslich deren `bestrafender´ Einschränkung und der Verzicht auf ein (nicht katastrophenbedingtes!) Gutscheinsystem als `natürlich unbegründet´ zurückgewiesen.
Mit einer historisch gleichmütigen (zynischen) Mentalität werden den Flüchtlingen in Deutschland Zustände aufgezwungen, denen sich „kein Deutscher freiwillig“ und „schon gar nicht auf Dauer“ unterwerfen würde als angebliche „Gesetzeslage“ serviert – auf Nachfrage gern auch mal mit scheinheilig `verantwortlicher´ Gutachtermine.
Das bei dem vorliegend nachhaltigen Willen zum Unverständnis bestehender Misstände auf vielschichtigen Ebenen das grundsätzliche Vertrauen in den `korrekten´ deutschen Sprachverstand deutsch übersetzender Flüchtlinge besteht mag da nicht wirklich mehr wundern – 5 Jahre „hier“ in Deutschland mit (vorläufiger?) Endstation Katzhütte oder aber 5 Jahre Flüchtling in Katzhütte ... wer hat denn da jetzt wen und warum und wie missverstanden?!
Natürlich geht es um Strategien ... und da es hier um Menschen-“Schicksal(e)“ geht stellt sich auch keine „peinliche“ Frage, ob ein Eintreten für die Belange in Deutschland gepeinigter Flüchtlinge und deren berechtigter „Anliegen“ auch nur im Entferntesten etwas mit deren „Missbrauch“ zu tun haben könnte. Gerade vor dem Hintergrund der lokal ach so `verständnisvollen´ Amtsträger, die ja `nur´ der Gewalt des `höheren´ Gesetzes Folge leisten können eben nur geänderte Rahmenbedingungen in der allgemeinen Flüchtlingspolitik Deutschlands das Handeln der `Gesetzeshüter´ konformativ beeinflussen!
Entgegen der bei auftretenden Widerständen gerne immer wieder vorgehaltenen `Hiobshypothese´ flüchten Menschen eben nicht in die Arme von hier aktiven Menschenrechts“Netzwerk“en sondern konkret nach Deutschland – auch wenn sich letzteres nicht immer als `würdig´ erweist!
Falls sich im Zuge der hier formulierten Forderungen die Notwendigkeit der Übersetzung wirklich alternativer Angebote seitens der Verwaltungsbehörden ergeben sollte, werden wir jederzeit zur Verfügung stehen ... aber niemand kann ein Netzwerk dazu zwingen systematische Durchhalteparolen zu übersetzen und den integerierten Hohn gleich noch mit!
Zur Objektivierung Ihrer und meiner Ausführungen möchte ich Sie gern auf meine Bildergalerie zur „Gemeinschaftunterkunft in Katzhütte einladen: Fotoalbum ... Katzhütte Asylbewerberheim funthomaz http://en.sevenload.com/albums/8xQP8v6
PS: „Den Bewohnern selbst ist kein Vorwurf zu machen...“ - Ihnen Herr Thüsing allerdings schon! Ihre tendenziöse Berichterstattung im Sinne einer öffentlichen Verharmlosung menschenunwürdiger Zustände bei gleichzeitiger Diffamierung der politischen Selbstorganisation von Flüchtlingen in Deutschland sucht in Sachen stammtischbekannten Zynismus´ wirklich seines Gleichen unter Journalisten!
-Gäste im Isolationslager Katzhütte
http://thecaravan.org/node/1505
Faxkampagne zur Scließung des Lagers befindet sich unter:
http://thecaravan.org/files/caravan/katzhuettemusterbrief1_de.pdf
Wir wollen in normalen Häusern wohnen und nicht in Baracken! http://thecaravan.org/node/1489
English und Deutsch:) APPEAL FROM THE REFUGEE CAMP IN KATZHÜTTE TO CLOSE THEIR MISERABLE HEIM https://thevoiceforum.org/node/699
Turkish:) Biz, Katzhütte mülteci kampında yaşayan ilticacılar,herkese,......
https://thevoiceforum.org/node/727
Informationsveranstaltung und Pressekonferenz in der Katzhütter „Gemeinschaftsunterkunft“, Oelzer Straße 44, 98746 Katzhütte: http://thecaravan.org/node/1501
-Gäste im Isolationslager Katzhütte http://thecaravan.org/node/1505
### Musterfax an Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt und Thüringer Innenministerium ###
http://thecaravan.org/files/caravan/katzhuettemusterbrief1_de.pdf